Gottesdienste und Predigten - - Erstellt von Pfarrer Matthias Hannig

Der Himmel, der ist, ist nicht der Himmel, der kommt.

Immer wieder kommt es vor, da wird die Vergangenheit so lebendig, dass Herr Schmidt mit einem Mal sagt: „Heute kommt mich meine Mutter besuchen; sie bringt bestimmt ihren selbstgebackenen Käsekuchen mit – der schmeckt so wunderbar.“

Musikalisches Vorspiel

Votum/Begrüßung


Lied
EG 450 „Morgenglanz der Ewigkeit“

Psalm 126 (versweise im Wechsel gesprochen)

Gebet / Stilles Gebet

Gott, in uns ist Dunkel, aber bei dir ist Licht.
Wir sind einsam, aber du verlässt uns nicht.
Wir sind mutlos, aber du hilfst uns.
Wir sind unruhig, aber du schenkst uns Frieden.
In uns ist Bitterkeit, aber bei dir ist Geduld.
Wir verstehen deine Wege nicht, aber du weißt den Weg für uns.
Wir sind vom Tod bedroht, aber bei dir ist Leben.
Höre uns, wenn wir in der Stille vor dich bringen, was uns gerade besonders am Herzen liegt.....

Lesung aus Offenbarung 21, 1-7

Lied:
EG 153„Der Himmel, der ist, ist nicht der Himmel, der kommt“
(Da das Lied nicht besonders bekannt ist, sollte die Melodie ein paar Mal vorgespielt/vorgesungen
werden.)

Predigt über das Lied
„Der Himmel, der ist, ist nicht der Himmel, der kommt.“
Bei Besuchen hier im Haus geht es in den Gesprächen immer wieder um die Vergangenheit:
Da bin ich geboren....
Ich war die jüngste von sechs Schwestern....
In der Schule hatte ich einen furchtbar strengen Lehrer....
Einmal in der Woche war Badetag....
Fritz hieß meine erste große Liebe....

Es war nicht einfach mit meinem kleinen Sohn auf der Flucht....
Immer wieder kommt es vor, da wird die Vergangenheit so lebendig, dass Herr Schmidt mit einem
Mal sagt: „Heute kommt mich meine Mutter besuchen; sie bringt bestimmt ihren selbstgebackenen
Käsekuchen mit – der schmeckt so wunderbar.“ Und Frau Baier meint: „ Ich muss jetzt in die
Küche, mein Mann kommt gleich von der Arbeit heim.“ Natürlich sind Herrn Schmidts Mutter und
Frau Baiers Ehemann schon viele Jahre tot, aber die Erinnerung der beiden Bewohner reicht ins
´Heute´ hinein. Da ist eine heil empfundene vergangene Welt, und es ist schön, wenn diese Welt
hier und jetzt einfach nur gut tut.

Doch dann meldet sich die Gegenwart wieder: sei es, dass sich körperliche Schmerzen einstellen,
sei es, dass man zur Toilette geführt werden muss; sei es, dass man immer wieder vom Gefühl
der Einsamkeit gepackt wird. Die Vergangenheit und die gleichzeitig oft traurig machende
Gegenwart prallen aufeinander.

Und wie steht es mit der Zukunft? Ich habe vor kurzem eine ehemalige Freundin meiner Mutter
besucht. Sie ist 92 Jahre alt und lebt allein in ihrer kleinen Eigentumswohnung.
Sie vergisst vieles, ist beim Gehen sehr unsicher geworden und möchte am liebsten am Morgen
nicht mehr aufwachen. Sie hat Sehnsucht nach der ewigen Ruhe, denn dieser Teil des Alters ist
nicht schön, sagt sie. Sie hat ein interessantes und bewegtes Leben gehabt und ist für die
vergangene Zeit sehr dankbar. S

ie will wirklich nicht klagen, aber sie klagt doch, denn die
Gegenwart ist mühsam. Über die Zukunft macht sie sich aber keine Sorgen. Sie weiss, dass dort
der ´Herrgott´, wie sie sich ausdrückt, auf sie wartet. Ob sie sich darauf freut, weiss ich nicht.
Jedenfalls fürchtet sie sich nicht vor dem, was auf sie zukommt. Zukunft ist das, was auf sie
zukommt.

Der Himmel kommt auf sie zu. Und er kommt auch auf uns zu. Er ist unsere Zukunft.
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft werden einmal zusammenfallen: im Himmel, der kommt.
Das ist jedenfalls meine Hoffnung. In unserem Lied heißt es dazu:
Der Himmel, der ist, ist nicht der Himmel, der kommt,
wenn einst Himmel und Erde vergehen.

In der Offenbarung des Johannes wird vom Ende der Erde und des Himmels berichtet. Wir haben
es vorhin in der Schriftlesung gehört. Alles, was lebt und was wir Menschen Schönes und
Schreckliches schaffen und erleben, ist endlich, hat keinen endgültigen Bestand. Jede Blume, jedes
Tier, jeder Mensch und alles, was wir geschaffen haben, ist vergänglich. Wir wissen das ja alle,
sagen es auch immer wieder und glauben es doch nicht so ganz. In Todesanzeigen wird deswegen
immer wieder folgende Erkenntnis zitiert:

„Man sieht die Sonne untergehen und erschrickt doch,
wenn es plötzlich dunkel ist.“ Doch wenn Himmel und Erde vergehen, dann haben auch Kriege,
Hunger, Drohungen und menschliche Angst ein Ende. Dann wird niemand mehr drangsaliert und
fertig gemacht. Der Himmel, unter dem so viel Leid geschieht, ist deshalb nicht der Himmel, der
kommt. Nein:

Der Himmel, der kommt, das ist der kommende Herr,
wenn die Herren der Erde gegangen. Die Herren der Erde – da könnte ich jetzt viele aufzählen. Ihre Namen stehen in der Zeitung. Die
einen präsentieren sich am Fernsehen. Viele von ihnen kennen keine Scham. Sie wissen, wie man
sich der Verantwortung entzieht. Die andern wirken im Hinter- und Untergrund. Wir können sie
nicht fassen. Das macht uns zornig, weil wir ohnmächtig sind. Wir ärgern uns, wenn die Herren
der Erde ihre Macht missbrauchen. Sie beherrschen ihre Mitmenschen, beuten sie aus und halten
sie klein. Alle diese Herren müssen einmal abtreten, selbst der Tod.

Und was kommt dann auf uns zu? Dann erscheint kein neuer Star auf der Erde, kein neuer Stern
am Himmel, sondern nach der Johannesoffenbarung werden eine ganz neue Erde und ein ganz
neuer Himmel kommen: und das ist der Herr, also Gott selbst. Was bringt er?
Der Himmel, der kommt, das ist die Welt ohne Leid,
wo Gewalttat und Elend besiegt sind.

Der Himmel, der kommt, das ist die fröhliche Stadt und der Gott mit dem Antlitz des Menschen.
In der Offenbarung ist vom neuen Jerusalem, von der heiligen Stadt die Rede, die von Gott her
aus dem Himmel herabkommt. Sie wird beschrieben wie eine Braut, die für ihren Mann
geschmückt ist. Von einer Hochzeit ist hier die Rede. Welch ein schöner Vergleich für die
Gemeinschaft mit Gott und die Gemeinschaft unter seinen Geschöpfen. Der Liederdichter spricht
deshalb zu recht von einer fröhlichen Stadt. Eine Hochzeit ist etwas Schönes, Lustvolles und
Fröhliches.

Der neue Himmel ist eine fröhliche Stadt. Und die Bürger dieser Stadt sind Menschen,
die zusammen wohnen, ohne einander zu beherrschen. Gott hat ihnen das Bürgerrecht geschenkt.
Er allein ist der Herrscher. Aber er ist kein Diktator, denn er hat das Antlitz des Menschen.
Mit diesem Menschen meint die Bibel Christus. Gott in der Gestalt des Christus. Mehr brauchen wir
nicht. Das wird uns genügen. Dann sind wir am Ziel und er mit uns. Doch wie lange müssen wir
hierauf noch warten? Wie viele Generationen wird das noch dauern? Darauf gibt die letzte Strophe
unseres Liedes eine überraschende Antwort:

Der Himmel, der kommt, grüsst schon die Erde, die ist,
wenn die Liebe das Leben verändert.
Auf den Himmel warten, der einst kommen wird, ist das eine. Das andere aber ist, dass jener
Himmel schon durchscheint: Er ist auf unsrer Erde sichtbar und spürbar in der Liebe. Wenn die
Liebe unser Leben verändert, dann ist der Himmel für uns Gegenwart geworden. Der Gott mit
menschlichem Antlitz ist zu uns gekommen und hat uns voller Liebe angeschaut. Darum können
wir jetzt schon damit beginnen, einander aufzurichten Auf´s Gewinnen sind wir dabei nicht
angewiesen, aber eine Ahnung soll spürbar werden von dem Tag, an dem kein Mensch mehr Angst
vor dem kommenden Tag haben muss.
Neuer Himmel. Wir strecken uns danach aus, und wenn es unter Tränen ist. Wir wissen, wir sind
nicht Meister unseres Geschicks. Aber wir haben eine wache Hoffnung auf das, was in Gottes
Macht steht. Und diese Macht kommt uns zugute. Amen.

Lied
EG 153 „Der Himmel, der ist, ist nicht der Himmel, der kommt“

Gebet
Wach sein für das Leben, das von dir kommt, Gott.
Wach sein für die Liebe, mit der du mitten unter uns bist, Gott.
Wach sein für die Not, in der du uns ansprichst, Gott.
Das bleibe unsere Sehnsucht. Lass sie nicht erlöschen.
Wir bitten für alle Trauernden um deinen Trost. Lass uns einander in dunklen Zeiten gute Weggefährten sein.
Wir bitten dich für alle, die im Sterben liegen. Ihr Glaube möge sie durch alle Angst hindurch tragen.
Wir bitten dich für alle, die schwierige Entscheidungen zu treffen haben an den Grenzen des
Lebens, für Angehörige unserer Bewohner, für gesetzlich bestellte Betreuer, für Ärzte und Richter. Schenke ihnen Weisheit, die von dir kommt.
Wir bitten für alle, die durch Krieg, Terror und Gewalt grausam aus dem Leben gerissen werden und für alle, denen damit so viel genommen wird.
Wir bitten dich für alle, die ihr Leben nicht annehmen können: Gib ihnen Mut zur Veränderung und Barmherzigkeit mit sich selbst.
Wir bitten für unsere Verstorbenen, für die, die uns fehlen. Wir nennen dir in der Stille ihre Namen.
Gott, mach uns unseres Lebens gewiss und höre uns, wenn wir jetzt gemeinsam zu dir rufen:

Vater unser ……

Lied:
EG 347 „Ach bleib mit deiner Gnade“

Segen

Musikalisches Nachspiel