Gottesdienste und Predigten - - Erstellt von Pfarrer Matthias Hannig

Was tun wir mit unserem Lebenslicht

Vielleicht muss man solche Wartezeiten im Leben einfach akzeptieren. Es gibt sie, diese ermüdenden Zeiten, wo nichts vorangeht. Kein Lichtstreif am Horizont, nein, immer weiter geht es in die Nacht hinein.

Musikalisches Vorspiel

Begrüßung
Wir sind beieinander im Namen Gottes.
Gott umfängt alles Leben.
Jesus Christus verspricht uns Gottes Nähe.
Der Heilige Geist richtet uns neu auf.

A     Amen.

Wir gedenken heute unserer Verstorbenen. Jetzt gehören die Augenblicke
der Stille und die letzte Gemeinsamkeit uns. Wir danken Gott für alles, was
uns die Menschen geschenkt haben, die nicht mehr unter uns sind.

Und wir trauen ihm zu, dass er sie weiter begleitet durch den Tod hindurch.
Wir glauben: Auch wenn unser Leben sein Ende findet, sind wir
bei Gott gut aufgehoben – niemand wird verloren gehen.

A     Gott, erfülle uns mit deinem Frieden.                

Lied
„Was Gott tut, das ist wohlgetan“ (EG 372, 1-4)

Psalmgebet
Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe?
Meine Hilfe kommt vom HERRN, der Himmel und Erde gemacht hat.

Er wird deinen Fuß nicht gleiten lassen, und der dich behütet, schläft nicht.

Siehe, der Hüter Israels schläft und schlummert nicht. Der HERR behütet dich; der HERR ist dein Schatten über deiner rechten Hand,
dass dich des Tages die Sonne nicht steche noch der Mond des Nachts.
Der HERR behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele.
Der HERR behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit!
(Psalm 121)

Lichtfeier
In den Wohnbereichen unseres Hauses wird ein Licht angezündet, wenn ein Bewohner oder eine Bewohnerin gestorben ist. Das irdische Lebenslicht eines Menschen ist verloschen, endgültig. Die Kerze ist ein Erinnerungszeichen. Er ist nicht vergessen. Wir haben seine Gestalt vor Augen. Sein Name erklingt noch einmal…. Deswegen werden auch jetzt gleich Lichter für unsere Toten brennen.

Die Kerze kann auch zum Zeichen dafür werden, dass das Leben nun in ein anderes Licht gerückt wird: hineingenommen in Gottes ewiges Licht und in seinen Frieden. Deshalb ist für die Verstorbenen des zu Ende gehenden Kirchenjahres die Osterkerze entzündet. Sie will uns sagen, dass jeder Tod überstrahlt wird vom Licht der Auferstehung Jesu.

(Die Namen der Verstorbenen werden vorgelesen. Zwei Mitarbeitende aus dem Pflegebereich zünden dazu Teelichte an).

Predigt zu Mt 25, 1-13
Liebe Hausgemeinde,
das heutige Evangelium berichtet auch von Lichtern, von Fackeln, die entzündet worden sind. Allerdings ist der Anlass kein trauriger. Es geht um keinen Todesfall. Ein Hochzeitsfest ist der Grund für den Lichterschein. Wir hören Verse aus dem 25. Kapitel des Matthäus-Evangeliums:

Dann wird das Himmelreich gleichen zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und gingen hinaus, dem Bräutigam entgegen. Aber fünf von ihnen waren töricht, und fünf waren klug. Die törichten nahmen ihre Lampen, aber sie nahmen kein Öl mit. Die klugen aber nahmen Öl mit in ihren Gefäßen, samt ihren Lampen.Als nun der Bräutigam lange ausblieb, wurden sie alle schläfrig und schliefen ein. Um Mitternacht aber erhob sich lautes Rufen: Siehe, der Bräutigam kommt! Geht hinaus, ihm entgegen! Da standen diese Jungfrauen alle auf und machten ihre Lampen fertig. Die törichten aber sprachen zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl, denn unsre Lampen verlöschen. Da antworteten die klugen und sprachen: Nein, sonst würde es für uns und euch nicht genug sein; geht aber zum Kaufmann und kauft für euch selbst.

Und als sie hingingen zu kaufen, kam der Bräutigam; und die bereit waren, gingen mit ihm hinein zur Hochzeit, und die Tür wurde verschlossen. Später kamen auch die andern Jungfrauen und sprachen: Herr, Herr, tu uns auf! Er antwortete aber und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Ich kenne euch nicht. Darum wachet! Denn ihr wisst weder Tag noch Stunde.

Hier geht es um kein gewöhnliches Hochzeitsfest. Jedenfalls geht nicht alles glatt. Der Festverlauf hat Brüche. Was ein rauschendes Fest werden sollte, wird gleich am Anfang infragegestellt. Was als festlicher Fackelzug gedacht war, wird nur halb ausgeleuchtet. Wo im Orient üblicherweise das ganze Dorf freien Eintritt hat, da gibt es auf einmal verschlossene Türen. Warum ist das so?

Zehn junge Frauen sind versammelt. Es sind Brautjungfern. Sie umgeben die Braut. Vermutlich sind alle in ihrem Haus beisammen. Gemeinsam warten sie auf den Bräutigam. Er wird die Braut abholen und in sein Haus bringen. Dort wird das Hochzeitsfest stattfinden. Die jungen Frauen sollen die beiden im festlichen Fackelzug geleiten. Wer kein brennendes Licht hat, kann nicht dabei sein.

Doch einer fehlt. Der Bräutigam bleibt aus. Da heißt es warten. Ob sich irgendwann die Enttäuschung im Raum ausbreitet? Schläfrigkeit legt sich jedenfalls über alle. Die Augen fallen denen zu, die so gespannt einem Höhepunkt entgegengesehen haben. In diese Situation hinein fragen wir: Warum kann das Leben nicht einfach mal schön sein?! Wir hatten es uns ganz anders vorgestellt!

Der Evangelist Matthäus erzählt dieses Gleichnis für christliche Gemeinden, die mit Enttäuschung ringen. Die Nähe des Himmelreiches bleibt aus, so wie auch der Bräutigam, der wiederkommende Jesus Christus ausbleibt. Der Menschensohn, an dessen Seite und unter dessen Wort das Vertrauen so leicht gewesen war, ist nicht in Sicht. Seine Botschaft von Gottes Liebe gilt es im Alltag zu bewahren. Dieser mag grau gewesen sein, wie wir es ja auch kennen. Langeweile, Kraftlosigkeit, Streit mit anderen Menschen, Enttäuschungen. Das macht mürbe. Davon sind in der Geschichte alle betroffen, die klugen und die törichten Jungfrauen.

Vielleicht muss man solche Wartezeiten im Leben einfach akzeptieren. Es gibt sie, diese ermüdenden Zeiten, wo nichts vorangeht. Kein Lichtstreif am Horizont, nein, immer weiter geht es in die Nacht hinein. Auch für unsere Bewohner hier im Haus: Die Krankheit will nicht heilen, die Tochter hat ihren Besuch schon wieder verschoben, die Angst vor dem Alleinsein will sich nicht besiegen lassen. Und doch trägt das Leben auch die Kraft zur Veränderung in sich. Nichts muss so bleiben, wie es ist. Auch die Braut in unserem Evangelium weiß, dass sie dem Bräutigam versprochen und das Fest nicht abgesagt ist. Wie tief enttäuscht wir auch sein mögen, es ist gut, wenn wir spüren, dass unsere Hoffnung dabei nicht verloren geht. So ist es jedenfalls bei der Braut und einem Teil ihrer Jungfern. In der Mitte der Nacht, wenn die Dunkelheit sich dem Tage wieder zukehrt, wird es lebendig. Lautes Rufen weckt die Schlafenden. So erzählt es Jesus in seinem Gleichnis. Der Bräutigam kommt, es kann losgehen, das Fest. Doch es geht nicht wirklich für alle los: Fünf Brautjungfern ist das Öl für ihre Lampen ausgegangen.

Wir nehmen unseren Alltag mit hinein in das Gleichnis und fragen: Reichen unsere Vorräte an Liebe, Geduld, Zuversicht, Glauben und Vertrauen, um so viele Ungewissheiten auszuhalten? Reichen sie, um den kranken Vater zu begleiten? Reichen sie, um an der Sehnsucht nach eigener Glückserfüllung dran zu bleiben? Reichen sie, um die Angst vor dem Tod zu besiegen? Reichen sie, um im richtigen Moment das Richtige tun zu können?

Mir fällt an der Geschichte vom Hochzeitsfest auf, dass es für die Lampen genug Öl gibt. Und zu diesem Öl haben alle Zugang. Für uns heißt das: Gott hat in jede und jeden von uns einen ganzen Schatz von Gaben gelegt, mit dem das oft so beschwerliche und mühevolle Leben sinnvoll gestaltet werden kann. Niemand muss Sorge haben, das Leben zu verpassen. Niemand muss das Leben verschlafen. Niemand ist dazu verurteilt, auf den sogenannten Durststrecken des Lebens zu verkümmern.  Vielleicht geht es für uns nur darum zu spüren, dass unser Öl, unsere Lebensenergie nicht verschwunden ist. Es ist da, das Öl, die Energie – zugeschüttet, versickert, aber da. Ein anderer kann es mir nicht übertragen, nicht ausleihen, so wie auch die klugen Jungfrauen nicht einfach das ihnen ausreichende Öl teilen können. Es geht um eine Stelle in unserem Leben, an der wir selber gefragt sind. Andere können uns nicht sagen, wie wir leben sollen, schon gar nicht können sie anstelle von uns leben. Wir selber, jede und jeder für sich, müssen uns auf den Weg machen. in uns hineinsehen, in uns entdecken, welch schöne Möglichkeiten wir haben, um uns am Leben zu freuen.

Die sogenannten fünf törichten Brautjungfern haben in einem ganz wichtigen Moment nicht acht gehabt auf ihre Lebenskräfte, auf ihren Vorrat an Lebensgewissheit. Und sie machen die bittere Erfahrung, dass es zu spät ist. Sie selbst haben gefehlt, als die Tür zum Hochzeitssaal weit offen stand……. Warum kann das Leben nicht einfach schön sein? Wenigstens bei Jesus, wenn er vom Himmelreich und der Ewigkeit erzählt? Da könnte es doch anders sein! Diese Bruchstelle ist hart. Jesus hält in seiner Erzählung fest, dass es Momente gibt, die unwiederbringlich sind. Und dass wir etwas verpassen können. Das kennen wir. Da klagt vielleicht jemand: “Ich hätte meinem Vater gern noch gesagt, dass er mich bei allem Streit, den es zwischen uns gab, doch auf eine sehr wertvolle Weise geprägt hat. Jetzt lebt er nicht mehr.“ Und jemand anderes meint: „Damals hätte ich mein Kind nicht zur Adoption freigeben dürfen. Seine Schritte ins Leben hätte ich so gerne begleitet.“

Solche Erfahrungen schmerzen. Die Kehrseite des Schmerzes ist aber, dass er uns die Kostbarkeit des Lebens schmecken lässt. Wenn der Verlust Wand an Wand mit uns wohnt, dann spüren wir die Kostbarkeit des Lebens besonders. "Unser Leben ist so viel reicher", sagen gerade die Menschen, die die Zerbrechlichkeit des Lebens am eigenen Leib zu spüren bekommen haben. In diese Kostbarkeit des Lebens gehören vor allem unser Gottesglaube und unser Vertrauen auf Jesus Christus als Kronjuwel hinein. Denn Gott verdanken wir unser Leben, und Jesus Christus ist es, der es mit uns teilt, wenn er sagt: “Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“

Auf vielen Gräbern werden am Totensonntag Lichter entzündet. Menschen gedenken dadurch ihrer verstorbenen Angehörigen und befehlen sie Jesus Christus an, der die Macht des Todes gebrochen hat. Vielleicht sollten wir Lebenden auch immer wieder solch ein Licht anzünden, um uns daran zu erinnern, dass unser Öl ausreicht, um das uns von Gott jeden Tag neu geschenkte Leben dankbar zu begrüßen.

Lied
„In dir ist Freude“ (EG 398, 1+2)

Gebet
Du, unser Gott,
wir leben unser Leben – mal schlecht, mal recht.
Wir haben Angst, wir haben Hoffnung.
Wir sehen Träume zerplatzen, wir machen uns neu auf den Weg.
Gehe unsere Wege mit, die leichten und die schweren, die geraden und die unübersichtlichen.
Gib uns Zukunft in deinem neuen Himmel, auf deiner neuen Erde.

Wir bitten dich für alle vom Leben Enttäuschten,
bewahre sie vor dauerndem Verzagend schenke ihnen neuen Mut.
Wir bitten dich für alle von Einsamkeit Erfüllten,
gib ihnen Menschen an ihre Seite,
die sie die Liebe zum Leben wieder fühlen lassen.

Wir bitten dich für alle von Trauer Niedergedrückten.
Lass nicht zu, dass an Gräbern ihre Hoffnung zerbricht.
Wir bitten dich für alle von uns Gegangenen.
Lass sie ruhen in deinem Frieden
und erwachen zu einer fröhlichen Auferstehung.

Wir sind deine Töchter und deine Söhne,
und als solche beten wir gemeinsam:

Vater unser …....

Lied
„So nimm denn meine Hände“ (EG 376, 1-3)

Segen
Gott segne die Erde, auf der du jetzt stehst.
Gott segne den Weg, den du jetzt gehst.
Gott segne das Ziel, für das du jetzt lebst.
Gott segne, was dein Wille sucht.
Gott segne, was deine Liebe braucht.
Gott segne, worauf deine Hoffnung ruht.

Musikalisches Nachspiel