Andachten - - Erstellt von Pfarrer Johannes Bröckel

Von der Schönheit Gottes

Als ich mit meinem katholischen Kollegen im November einen ökumenischen Gottesdienst geplant habe, ist mir bewusst geworden, wie unterschiedlich die Blickrichtung von katholischen und evangelischen Christen über die Jahrhunderte hinweg sich ausgestaltet hat.

Ende Oktober wird die Uhrzeit von Sommer- auf Winterzeit umgestellt. Ab diesem Zeitpunkt wird es am Abend sehr schnell dunkel. Die früh einbrechende Dunkelheit schlägt vielen Menschen auf das Gemüt. Die düstere äußere Stimmung spiegelt sich schnell in unserem Inneren wieder.
Während diesen langen dunklen Zeiten fällt es uns eher schwer davon zu reden, wie schön das Leben ist. Kommt noch hinzu, dass die Sonntage im November mit Volkstrauertag und Totensonntag unsere Blicke auf die Trauer und das Sterben lenken.
Wenn die dunkle Seite des Lebens so im Vordergrund steht und unser Empfinden in Beschlag nimmt , dann helfen uns die Gebete in den Psalmen, unsere persönliche innere Blickrichtung auf das Schöne, Helle und Ermutigende zu richten. Die Beter in den Psalmen sind in der Lage, auch in den schwersten Momenten für eine kurze Zeit von ihrem inneren Leid abzusehen und sich an der Schönheit Gottes zu begeistern.

Lobe den HERRN, meine Seele!
HERR, mein Gott, du bist sehr herrlich; du bist schön und prächtig geschmückt.
(Psalm 104,1)

Als ich mit meinem katholischen Kollegen im November einen ökumenischen Gottesdienst geplant habe, ist mir bewusst geworden, wie unterschiedlich die Blickrichtung von katholischen und evangelischen Christen über die Jahrhunderte hinweg sich ausgestaltet hat. Mein katholischer Kollege legte sehr viel Wert darauf, die Schönheit Gottes, seine Herrlichkeit in der Liturgie des ökumenischen Gottesdienstes in den Mittelpunkt zu stellen. „Die Probleme, die bedrängen uns im Alltag genug“, meinte er. „Im Gottesdienst lassen wir uns von Gott begeistern“, vertrat er seine innere Überzeugung.
Wir evangelischen Christen tun uns mit dieser Einstellung schwer, weil wir wissen, dass der Glaube neben Gottes Herrlichkeit ja auch die dunklen Seiten, das Leid und das Sterben zu bewältigen hat. Das können wir nicht so einfach ausblenden. Zumal das Sterben ja auch den Alltag in der Altenpflegeheimseelsorge bestimmt. Wir fühlen uns viel wohler, wenn wir die Welt analysieren und unseren Finger in die schmerzenden Wunden dieser Welt legen. Wir sehen uns vorrangig in die Verantwortung gestellt, die nicht zu übersehenden Probleme anzugehen. Das hat ja auch seine Berechtigung.
Aber der Glaube besitzt auch diese andere Seite, die sich an Gottes Schönheit begeistert. Seine Schönheit und seine Herrlichkeit, wie es die Beter der Psalmen ausdrücken, lassen uns staunen und dankbar annehmen, was Gott mit dem Leben an Schönem geschaffen hat. Selbst in sehr schweren Zeiten leuchtet so für uns auf, wie Gott das Leben lebenswert macht. Unsere innere Stimmungslage verwandelt sich zum Guten hin, wenn es uns gelingt uns daran zu erinnern, was das Leben an Schönem schon für uns bereithält. Wenn die Sonne jeden Tag von neuem aufgeht, dann macht doch Gott die Welt selbst an grauen Tagen neu und schön.

Lobe den HERRN, meine Seele!
HERR, mein Gott, du bist sehr herrlich; du bist schön und prächtig geschmückt.