Gottesdienste und Predigten - - Erstellt von Pfarrerin Claudia Krüger

Unser Leben ist gehalten

Jetzt, am Ende des Kirchenjahres, ist die Zeit des Totengedenkens – an Allerseelen und Allerheiligen in der katholischen Kirche und am Ewigkeitssonntag in der evangelischen.

Gedenken an die verstorbenen Mitbewohner/innen und Mitarbeiterinnen
Vorspiel
Wir beginnen unsere Gedenkfeier an die Verstorbenen im Namen Gottes,
der die Quelle des Lebens ist,
und uns gibt, was wir zum Leben brauchen,
im Namen Jesu Christ,
der die Liebe ist,
die uns vom Tod zum Leben bringt,
im Namen des Heiligen Geistes,
der die Kraft ist,
die uns durch die dunklen Tage
zum Licht führt.
Amen.

 

Liebe Angehörige der Menschen, die hier im Haus gelebt haben und in den zurückliegenden Monaten verstorben sind; liebe Mitbewohnerinnen und Mitbewohner; liebe Mitarbeitende des Seniorenzentrums!
Herzlich begrüße ich Sie zu diesem Gottesdienst, in dem wir noch einmal all derer gedenken, die uns vorausgegangen sind auf dem Weg in Gottes Ewigkeit.
Heute an unserer Gedenkfeier soll uns der Monatsspruch für diesen November (2011) begleiten:
Gut ist der Herr, eine feste Burg am Tag der Not. Er kennt alle, die Schutz suchen bei ihm. (Nah.1,7)

Gut ist es, wenn wir wissen, an wen wir uns wenden können. Auch wenn wir Gottes Wege manchmal so gar nicht verstehen.
Und doch verspricht er, dass er für uns da sein will und uns Halt geben möchte, ja, dass er uns eine feste Burg sein will, wenn alles zu zerbrechen und zu vergehen droht, und wir immer wieder das Gefühl haben, den Boden unter den Füßen zu verlieren.
Gut ist es, wenn wir wissen: da ist einer, der uns kennt, manchmal besser als wir uns selbst.
Und da ist einer, der uns Schutz geben kann vor dem Dunkel der Nacht und der Angst und vor der Einsamkeit des Lebens.
Vielleicht können wir uns diesem Gott anvertrauen, ihm unsere Unsicherheit und unsere Wege anbefehlen und miteinander singen:
473, 1-4 Mein schönste Zier

Manchmal fragen wir uns:  was wird aus denen, die hier in diesem Leben zu uns gehört haben und die jetzt nicht mehr leben? Und wo werden auch wir alle einmal hingehen? Wir haben da ganz unterschiedliche Vorstellungen, und das darf auch so sein. Mich tröstet, was der Apostel Paulus sagt:
Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.

Es gibt ein ganz besonders tröstliches Psalmgebet, es spricht mitten aus der Not des Psalmbeters und beginnt trotz allem mit einem großen DENNOCH:

Lassen Sie uns beten mit Worten aus
Psalm 73 (EG Nr. 733). Wir lesen in Halbversen im Wechsel.

Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geist – Amen.

 

Gebet
Für die Inseln des Trostes
mitten in einem Meer von Leid
danke ich dir, Herr, du mein Gott.
Du führst mich durch unwegsame Schluchten,
großen Schrecken bin ich ausgeliefert
und bin dennoch behütet.
Meine Kraft ist längst erschöpft,
aber du trägst mich hindurch.
Nicht, dass die Stimmen des Misstrauens
und des Sichauflehnens
verstummt wären in meinem Herzen,
aber ich weiß, dass sie Unrecht haben.
Sie verlieren ihre Macht,
wenn ich deine Stimme erhorche.
Du sagst mir: „Fürchte dich nicht,
ich, dein Gott, verlasse dich nicht.“
Lobpreisen will ich dich für alle Treue.
Ich erfahre was Verzweiflung heißt,
aber gleichermaßen umgibt mich
das Geheimnis des Getröstetseins.
Auch wenn die Finsternis noch wächst,
sie ist nicht die einzige Wirklichkeit
meines Lebens.
Amen.

Der Tod geliebter Menschen – er macht uns oft hilflos – sprachlos, und doch können wir in der Stille Gottes Stimme erhorchen. So beten wir in der Stille.

So spricht der Herr, unser Gott:
Fürchte dich nicht, ich verlasse dich nicht.
Amen.

Angesichts des Todes und beim Nachdenken über den Tod sind wir immer wieder hin– und hergerissen zwischen menschlichen Fragen und Zweifeln – auf der einen - und unserem Vertrauen auf Gottes Verheißung auf der anderen Seite.
Davon spricht auch Lothar Zenetti in seinem Lied am Grabe Joh. 20, 1-10:
 
Mitarbeiterin:

Niemand weiß, wie lange werden wir noch sein,
morgen oder heute holt der Tod uns ein.

Keiner kann uns helfen, jeder stirbt allein,
und es bleibt am Ende nur ein Grab, ein Stein.

Alle unsere Namen wird der Wind verwehn,
oder ruft uns einer, dass wir fortbestehn?

Kann es sein, dass Gott uns einst vom Tod befreit
und in Freude wandelt alles Menschenleid?

Ob wir dann wie Kinder vor dem Vater stehn
und mit neuen Augen seine Wunder sehn?

Werden wir dann hören, wie die Schöpfung singt,
wie das Lied der Sterne und der Blumen klingt?
Eine neue Erde, wie soll das geschehn,
dass wir unsre Lieben einmal wiedersehn?

Oder sind das Träume, die wir uns erdacht?
Wer von uns ist jemals aus dem Tod erwacht?

Wer wälzt von dem Grabe uns den schweren Stein?
Wer kann, wenn wir tot sind, uns vom Tod befrein?

Einen sah ich sterbend in das Leben gehen,
und ihm will ich glauben, dass wir auferstehn.
Lothar Zenetti


Lassen Sie uns miteinander singen:

Lied:
JESU, GEH VORAN  (391, 1-4)

Ansprache  (Pfarrerin)

Liebe Angehörige, liebe Bewohnerinnern und Bewohner, liebe Pflegende und Mitarbeitende,

wir möchten heute all der Menschen gedenken, die in unserem Haus im zurückliegenden Jahr verstorben sind. Es ist schmerzlich, einen Menschen zu verlieren. Ganz besonders schmerzlich für Sie, die Angehörigen, aber auch für Mitbewohner, die vielleicht ihre Zimmernachbarin vermissen oder jemanden, der einfach zu ihnen gehört hat auf ihrer Station – wie in einer großen Familie. Auch für Sie, die Pflegenden, ist es schmerzlich Menschen zu verlieren, die Ihnen ans Herz gewachsen sind in all den Jahren, in denen Sie sich um sie gekümmert haben.

Bei manchen ist erst eine kurz Zeit vergangen und deshalb ist die Trauer noch ganz heftig. Bei anderen liegt der Abschied schon einige Zeit zurück, und es ist allmählich auch wieder der Alltag eingekehrt.
Und trotzdem ist nichts mehr wie vorher. Eine Lücke ist geblieben, die niemand sonst ausfüllen kann. Denn jeder Mensch ist auf seine Art einzigartig und liebenswert, und deshalb kann auch niemand diese Lücke einfach schließen.

Dietrich Bonhoeffer hat in einem Brief an das Ehepaar Bethge die folgenden Gedanken geschrieben:
„Es gibt nichts, was uns die Abwesenheit eines lieben Menschen ersetzen kann, und man soll das auch gar nicht versuchen; man muss es einfach aushalten und durchhalten; das klingt zunächst sehr hart, aber es ist doch zugleich ein großer Trost, denn indem die Lücke wirklich unausgefüllt bleibt, bleibt man durch sie miteinander verbunden.
Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer die Trennung. Aber die Dankbarkeit verwandelt die Qual der Erinnerung in eine stille Freude.
Man trägt das vergangene Schöne nicht wie einen Stachel, sondern wie ein kostbares Geschenk in sich.“

Ja, man muss es aushalten und durchhalten, denn die Abwesenheit eines lieben Menschen kann einem tatsächlich durch nichts ersetzt werden.
Er fehlt, sie fehlt – jemand anderes ist in das Zimmer eingezogen.
Ein gemeinsamer Weg, den wir vielleicht jahrelang oder gar unser Leben lang miteinander gegangen sind, ist zu Ende.
Und manchmal vermissen wir auch jemanden, der womöglich nur kurz die Zeit mit uns geteilt hat.
Das Leben ist anders geworden. Alles, was wir noch füreinander tun konnten, ist endgültig vorbei, alles, was wir einander noch sagen wollten muss unausgesprochen bleiben.
Die Lücke bleibt unausgefüllt.

Manche haben vielleicht inzwischen wieder in einen neuen Tagesablauf gefunden, denken nicht mehr ständig: „Ja, heute komme ich wieder ins Haus zum Besuch, zum Reden, zum Nahesein.“
Vielleicht haben Sie auch alte Kontakte wieder aufnehmen können, die in schweren Tagen nicht mehr groß gepflegt werden konnten.
Manche von Ihnen brauchen noch Zeit zum intensiven Trauern und können kaum andere Menschen um sich ertragen – geschweige denn gute Ratschläge. Andere müssen wieder ganz viel raus und unter Menschen.
Da ist jeder Trauernde, jede Trauernde ganz verschieden, und das darf auch so sein. Denn jeder Mensch ist anders, und jeder Mensch hat das Recht, anders und auf ganz eigene Weise zu trauern.

Immer wieder schmerzt einen der Abschied vielleicht noch ganz heftig, so dass einen Hilflosigkeit und Angst überfallen. Und ein andermal erinnern wir uns dankbar daran, dass der Tod doch auch als Erlösung kam nach Krankheit und Leiden.

Die Lücke bleibt – und indem die Lücke bleibt, bleibt man durch sie miteinander verbunden.
Ja, man erinnert sich an die Einzigartigkeit des Menschen, der gegangen ist und den niemand je ersetzen kann, denn er oder sie war eben einfach unvergleichlich. Und man spürt: ja, du gehörst auch weiterhin zu mir und meinem Leben, nur eben auf ganz andere Weise, was ich erst noch lernen muss.  Du hast mein Leben unvergleichlich geprägt. Und was sich eingeprägt hat ganz tief in unserer Seele, das wird auch bleiben. Und das verbindet uns auf geheimnisvolle Art für immer miteinander.
Manchmal kann man vielleicht auch mit anderen wieder lachen und sagen: „Ja, genau so war sie, oder  - genau das hätte er jetzt dazu gesagt.“ Und so bleibt dieser Mensch auf seine einzigartige Weise in unseren Gedanken, unseren Herzen, unserem Leben.
Es tut gut, wenn man immer wieder Erinnerungen miteinander austauscht – manchmal auch noch unter Tränen.
Und je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer die Trennung.
Ja, dem können wir nichts hinzufügen, das müssen wir schmerzlich aushalten und durchhalten.

Aber die Dankbarkeit verwandelt die Qual der Erinnerung in eine stille Freude.
Welch ein wunderbarer Satz. Ja, wenn wir all das, was wir miteinander erlebt haben, als ein kostbares Geschenk betrachten, die fröhlichen Stunden, die Liebe, die Geborgenheit, das Durchhalten in schweren Zeiten, das Lachen und das Weinen, dann können wir sicher auch von Herzen dankbar sein für all das, was wir miteinander erlebt und aneinander gehabt haben. Und dann, ja dann kann mit der Zeit, das was vielleicht jetzt noch quälend ist in der Erinnerung, dann kann das mit der Zeit in eine stille Freude verwandelt werden.

Man trägt das vergangene Schöne nicht wie einen Stachel sondern wie ein kostbares Geschenk in sich.
Mag sein, dass die Erinnerung in diesen Tagen noch schmerzt wie ein Stachel. Weil alles noch wund ist, weil die Trauer noch so tief empfunden wird.
Und doch möchte ich Ihnen von Herzen wünschen, dass Sie eines Tages das vergangene Schöne wie ein kostbares Geschenk für alle Zeit in sich tragen können. Unverlierbar. Ein kostbares Gut in Ihrem Herzen, in Ihren Gedanken, das Sie auf wunderbare geheimnisvolle Weise für alle Zeit begleiten wird.

Vielleicht kann unser heutiges gemeinsames Gedenken Ihnen dabei helfen.

Mögen Sie Ihren Weg gehen können mit Ihrem kostbaren Geschenk des vergangenen Schönen und mit der Gewissheit, dass Gott den Menschen, den Sie gehen lassen mussten, für immer in seinen Armen hält und dass er einen Platz hat in der Geborgenheit seiner ewigen Liebe und im wärmenden Licht seiner Auferstehung.
Die Kerzen, die wir miteinander entzünden, sollen uns daran erinnern. Und vielleicht können Sie das Licht und die Wärme mitnehmen in die kommenden Tage, wissend, dass Gott auch Sie persönlich begleitet an jedem neuen Tag.
Amen.


Lied:
171, 1-4 Bewahre uns Gott

Gedenken:
Vorlesen der Namen

  • Nach Pflegebereichen
  • Durch Mitarbeitende
  • Nicht vergessen: die verstorbenen Mitarbeiter/innen

Entzünden der Teelichter (an den Bereichskerzen)

  • Durch Mitarbeitende der einzelnen Stationen
  • Ggf. zusätzliche Lichter für Menschen aus dem eigenen Umfeld
  • Manchmal werden auch Bilder aufgestellt (von den Angehörigen)

Pfarrerin:
Christus spricht: ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.
Daran erinnern uns die Kerzen, und wir vertrauen darauf, dass unsere lieben Verstorbenen im Licht und in der Geborgenheit Gottes zu Hause sind.

Musikalisches Zwischenspiel

Gebet   (Mitarbeitende)

1.
Ewiger Gott,
vor dir haben wir der Menschen gedacht, die wir verloren haben.
Wir danken dir für den Segen, den du in ihr Leben gelegt hast.
Wir danken dir für alles Gute, das wir mit ihnen erlebt haben.

2.
Guter Gott,
manches hätten wir auch gerne anders gemacht.
Manches ist zwischen uns stehen geblieben.
In deine gnädigen Hände befehlen wir
alles Bruchstückhafte und Unabgeschlossene.
Vollende du es in Deinem Reich der Versöhnung und der Liebe.

3.
Gott, dich bitten wir für die Menschen,
die so müde geworden sind an Leib und Seele.
Für alle, die traurig sind und sich einsam fühlen.
Gib ihnen Menschen zur Seite, die Verständnis für sie haben und ihnen gut tun.
Bleibe du selbst ihnen zur Seite, stärke und begleite sie mit innerer Kraft, mit Vertrauen und mit Liebe.

4.
Guter Gott,
wir denken auch an unser eigenes Ende.
Manchmal haben wir Angst vor Krankheit, vor Schmerz und vor dem Verlassensein.
Sei und bleibe du uns nahe. Trage uns hindurch, wenn es ganz schwer wird. Lass uns spüren, dass Du uns niemals allein lässt.

5.
Ewiger Gott,
tröste uns mit deinem Trost und führe uns einmal an deiner  Hand in dein Reich der Liebe und der ewigen Geborgenheit.
Lass uns darauf vertrauen, dass deine Liebe größer ist als der Tod und wir einmal im hellen Licht der Auferstehung dich sehen werden von Angesicht zu Angesicht.

Gemeinsam beten wir:
Vaterunser im Himmel,
geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme,
dein Wille geschehe
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute,
und vergib uns unsere Schuld
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

Lied:
487, 1-4  Abend ward

Ansagen / Dank

Segen
Geh deinen Weg, der noch im Dunkeln liegt,
der nur in deinen Träumen lichtdurchflossen.
Geh ihn getrost. Er ist für dich gefügt
aus Tränen, die du irgendwann vergossen,
aus Aufbruch und aus Weitergehen
aus deinem Lachen, deinem Sehnen, Wagen
und aus Erschrecken auch und Stillestehen,
aus lichten und aus leidgefüllten Tagen.

Geh deinen Weg! Er ist dir längst bereitet
von dem, der dich und sich verband
und deinen Schritt, wo er auch geht, begleitet.
So geh getrost! Du gehst an Gottes Hand.

Er segne dich, dass du sollst Segen sein
für Menschen, die dir unterwegs begegnen.
Er segnet keinen nur für sich allein-
So sei gesegnet denn, um selbst zu segnen.
Wilma Kevinghaus, Erkrath

So segne und behüte uns alle Gott der Vater und der Sohn und der Heilige Geist.
Amen.

Nachspiel