Gottesdienste und Predigten - - Erstellt von Pfarrerin Claudia Krüger

Passionsgeschichte im Lukasevangelium

Karfreitag ist ein schwieriger Feiertag. Denn das Leid und die Schmach, die wir beim Anblick des Gekreuzigten empfinden, sind schwer zu ertragen.

Liebe Gemeinde,
Karfreitag ist ein schwieriger Feiertag. Denn das Leid und die Schmach, die wir beim Anblick des Gekreuzigten empfinden, sind schwer zu ertragen.
Der Gekreuzigte, wie hier auf dem Bild von Andreas Felger, der Gekreuzigte in allen christlichen Kirchen und auf vielen Abbildungen, das Kreuz, als Symbol unseres christlichen Glaubens. Aber der Anblick macht uns immer wieder stumm, macht mitunter auch Angst, weil er uns an unsere eigene Sterblichkeit und Verletzlichkeit erinnert. Und doch sollten wir den Anblick aushalten, das Gedenken an den Gekreuzigten aushalten und dableiben.

Denn der Anblick des Gekreuzigten macht uns deutlich, dass Gott selbst da geblieben ist, und im menschgewordenen Sohn das Leid durchlitten hat. Der  Karfreitag soll uns daran wieder erinnern,  dass Gott auch für uns da ist und da bleibt mitten im tiefsten Leid, und auch mitten im Tod. Wenn wir das begreifen, dann können wir auch da bleiben und aushalten, wenn andere Menschen Leid und Tod erleiden müssen.
Dableiben – das ist manchmal schwer, für Pflegende, für Angehörige, für Freunde, angesichts von so viel Leid und Schmerzen in Krankenhäusern, manchmal auch hier im Haus oder in Elends- und Kriegsgebieten dieser Welt. Dass es uns schwer fällt, das darf man auch zugeben und offen aussprechen.
Und selbst den Jüngern Jesu ist es nicht gelungen, sie sind damals geflohen in der einsamen kalten Nacht der Todesangst Jesu. Auch später unter dem Kreuz Christi hielten es nur noch ganz wenige aus.
Aber wir können Gott bitten, dass er uns Kraft gibt, wenn es schwer ist für uns. Damit wir nicht weg sehen und nicht weg gehen, wenn wir Leid mit aushalten müssen, sondern dass wir es mutig und Hand in Hand miteinander durchstehen können.

Karfreitag – wir können nicht erklären oder begreifen, warum es Leid und Tod in der Welt gibt, das kann niemand. Aber wir können den erkennen, der durch sein eigenes Leid allen Leidenden nahe ist – und der deshalb für mich zutiefst glaubwürdig ist.

Dieser eine bleibt und leidet bis zum Ende – und in ihm leidet der Mensch gewordene Gott – geht in den tiefsten menschlichen Abgrund hinein- und führt schließlich aber doch darüber hinaus. Zeichen dafür sind Jesu letzten Worte aus dem Lukasevangelium, die wir heute hören wollen. Ich glaube, sie können uns helfen, wenn wir manchmal sprachlos sind.
Und wir können in diesen Worten einen Klang hören, der uns eine andere Welt verheißt, und uns ahnen lässt, dass im letzten Moment nicht das abgrundtiefe Nichts uns erwartet, sondern der liebende Gott, von dem uns nichts, aber auch gar nichts, und auch nicht der Tod, jemals trennen kann.
Lk 23,22-49  (in Abschnitten)

Und als sie kamen an die Stätte, die da heißt Schädelstätte, kreuzigten sie ihn dort und die Übeltäter mit ihm, einen zur Rechten und einen zur Linken. Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen,, denn sie wissen nicht, was sie tun!

Wer von uns könnte in solch einer Situation noch ein Wort der Vergebung finden. Wer könnte gar noch für andere bitten, wenn der Tod einem so nahe ist.
Vergeben den eigenen Mördern. Ich glaube, das könnten wir nicht, oder die wenigsten von uns.
Aber vielleicht wird uns umgekehrt im Augenblick des Todes auch unsere eigene Schuld bewusst – und wer hätte die nicht-  all das, was wir im Leben versäumt und verschuldet haben.
Und wenn dann einer für mich eintritt und sagt: „Vater, vergibt ihr -, vergib ihm“, dann ahnen wir, was dieses schwierige „für mich“ am Karfreitag heißen kann: versöhnt und von aller Schuld befreit hinüber gehen können in die andere Welt Gottes.

Wenn wir mit den Konfirmanden Abendmahl gefeiert haben auf der Konfifreizeit, dann haben wir manchmal nach dem Schuldbekenntnis schwere Steine abgelegt, mit all dem, was uns im Leben und Alltag beschwert, wo wir eigene Schuld empfinden. Oder wir haben es auf kleine Zettel geschrieben und diese anschließend verbrannt. Darin wurde für uns und die Jugendlichen immer wieder ganz augenfällig deutlich, dass Schuld vergeben ist, dass sie wirklich von uns genommen ist und dass wir von Last befreit wieder aufatmen und leben dürfen.
Und wenn wir am Karfreitag begreifen, dass er uns  alle Schuld vergibt, wie er sogar seinen Mördern vergeben kann, dann können auch wir erneut aufatmen und leben.

Und sie verteilten seine Kleider und warfen das Los darum. Und das Volk stand da und sah zu. Aber die Oberen spotteten und sprachen: Er hat anderen geholfen; er helfe sich selber, ist er der Christus, der Auserwählte Gottes. Es verspotteten ihn auch die Soldaten, traten herzu und brachten im Essig und sprachen: Bist du der Juden König, so hilf dir selber. Es war aber über ihm auch eine Aufschrift: Dies ist der Juden König. Aber einer der Übeltäter, die am Kreuz hingen, lästerte ihn und sprach: Bist du nicht der Christus? Hilf dir selbst und uns!

Da wies ihn der andere zurecht und sprach: Und du fürchtest dich auch nicht vor Gott, der du doch in gleicher Verdammnis bist? Wir sind es zwar mit Recht, denn wir empfangen, was unsre Taten verdienen; dieser aber hat nichts Unrechtes getan. Und er sprach: Jesus, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst! Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein.
Einer begreift nichts, er lästert sogar noch gegen Christus, obwohl er den Tod vor Augen hat.

Einer aber hat es begriffen – er sieht seine eigene Schuld ein und hat Ehrfurcht vor dem unschuldig gekreuzigten Gottessohn.
Ausgerechnet ein Verbrecher erkennt die Unschuld Jesu. Und er erkennt noch mehr: dass nach dem Tod die Herrschaft Jesu nicht aufhört, sondern dass er in sein Reich und in seine Herrschaft geht: „vergiss mich nicht, wenn du in dein Reich kommst!“ Und ich glaube, jede und jeder von uns möchte Jesus diese flehentliche Bitte mitgeben: vergiss du auch mich nicht, vergiss mich niemals, wenn mir selbst mein Ende nahe ist.
Und wenn sogar ein, seine Schuld bekennender ,Verbrecher erfährt, dass der Tod ihn nicht von Jesus trennen wird, sondern dass Jesus in sein ewiges Reich der Liebe geht und mit uns verbunden bleibt, und uns dorthin mitnimmt, dann kann uns das im Blick auf unser Ende viel Hoffnung und Zuversicht schenken.

Und Jesus antwortet:
„Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein, in meiner himmlischen Heimat, wo deine Seele Heil findet, wo Friede und Erlösung herrschen, wo das beginnt, was uns einmal allen versprochen ist:
Dass er uns geleiten wird an einen Ort, wo es kein Leid und keinen Tod und keine Tränen mehr gibt!“
Könnten wir doch so tief und grenzenlos vertrauen, wie dieser Mensch neben Jesus am Kreuz!

Möge er sein Gesicht auch so freundlich dem unseren zuwenden wie hier auf dem Bild, möge sein österliches Strahlen auch unser Angesicht berühren und es hell machen von ewigem göttlichen Licht.
Und es war schon um die sechste Stunde, und es kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde, und die Sonne verlor ihren Schein, und der Vorhang des Tempels riss mitten entzwei. Und Jesus rief laut: Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände! Und als er das gesagt hatte, verschied er.

Jesus geht seinen schweren Weg zu Ende bis hinein in die abgrundtiefe Finsternis des Todes. Und die Welt versinkt im Dunkel und die Sonne verliert ihren Schein.
Jesus aber übergibt seinen Geist vertrauensvoll in die Hände des liebenden Vaters und stirbt. Wenn wir das könnten: gerade in unserer Todesstunde unseren Geist, wie Jesus, den liebevollen Händen eines treuen väterlichen Gottes anvertrauen, dessen Liebe im Tod nicht endet. Wissen, dass nicht das Nichts, sondern der liebende Vater uns erwartet, in dessen Händen unser Geist für immer geborgen sein wird. Und dann in Frieden sterben, sich in seine Arme fallen lassen, um für alle Zeit in ihm zu leben. Angesichts des Todes wissen, dass unser Erlöser lebt und uns alle zu sich ziehen wird. Lasst uns darauf fest vertrauen und einander stärken in diesem Glauben! Amen.

Ich weiß, dass mein Erlöser lebt und dass er erscheint am letzten Tage dieser Erd!
Wenn Verwesung mir gleich drohet, wird dies mein Auge Gott doch sehn.
Ich weiß, dass mein Erlöser lebet, denn Christ ist erstanden von dem Tod, der Erstling derer, die schlafen.

Arie