Andachten - - Erstellt von Diakonin Ruth Dittus

Maskenzeit

Es geht relativ schnell die äußerliche Maske und das Kostüm abzulegen, wie ich das gerade getan habe. Mit den unsichtbaren Masken, die wir Menschen manchmal tragen, geht das nicht so einfach. Sie aufzusetzen hat aber Folgen. Sie führen nämlich in den zwischenmenschlichen Beziehungen zu Unverständnis oder Missverständnissen bzw. zu falschen Rückschlüssen. Innere Masken werden aufgesetzt um sich zu schützen, nicht erkannt zu werden, nicht angreifbar zu sein.

Vorspiel
Giora Feidman "Shpiel Zhe Mir a Liedele"                                    

Liebe Heimbewohner, liebe Heimbewohnerinnen,
noch haben wir einige tolle Tage des Faschings, der Fasnet vor uns. Im Fernsehen, im Radio, überall werden Prunksitzungen, Büttenreden, Narrentreffen übertragen.

Tolle Tage oder die fünfte Jahreszeit wird die Fasnetszeit auch genannt. Über die Stränge schlagen, das ganze Spektrum der Freuden ausnützen, alles scheint erlaubt. Fasching ist das Spiel mit der Verkleidung, mit Spaß in andere Rollen zu schlüpfen. Nicht nur Kinder haben Freude daran sich zu verkleiden, auch mir macht es Spaß zwischen den Reihen zu gehen und nicht erkannt zu werden. Haben Sie mich mit der Maske erkannt? Ich vermute eher an meiner Stimme. Nicht umsonst schwirren durch die dunklen Gassen Venedigs die Maskenträger schweigend und legen den Zeigefinger an den Mund, als Zeichen dafür zu schweigen.

Zwischenmusik (Maske und Kostüm ablegen)

Jetzt bin ich wieder ganz zu erkennen und wir feiern miteinander diese Andacht:

Votum :
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen.

Amen

Psalmgebet (Ps. 139)

Herr, du erforschest mich und kennst mich.
Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es;
du verstehst meine Gedanken von ferne.
Ich gehe oder liege, so bist du um mich
und siehst alle meine Wege.
Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge,
das du, Gott, nicht schon wüsstest.
Von allen Seiten umgibst du mich und hältst
deine Hand über mir.

Diese Erkenntnis ist mir zu wunderbar und zu hoch,
ich kann sie nicht begreifen.
Wohin soll ich gehen vor deinem Geist
und wohin soll ich fliehen vor deinem Angesicht?

Führe ich gen Himmel, so bist du da,
bettete ich mich bei den Toten,
siehe, so bist du auch da.

Nähme ich Flügel der Morgenröte
und bliebe am äußersten Meer,
so würde auch dort deine Hand mich führen
und deine Rechte mich halten.
Amen

Ehr sei dem Vater...

Liebe Heimbewohner, liebe Heimbewohnerinnen,
es geht relativ schnell die äußerliche Maske und das Kostüm abzulegen, wie ich das gerade getan habe.

Mit den unsichtbaren Masken, die wir Menschen manchmal tragen, geht das nicht so einfach. Sie aufzusetzen hat aber Folgen. Sie führen nämlich in den zwischenmenschlichen Beziehungen zu Unverständnis oder Missverständnissen bzw. zu falschen Rückschlüssen. Innere Masken werden aufgesetzt um sich zu schützen, nicht erkannt zu werden, nicht angreifbar zu sein. Menschen meinen mit einer Maske unsichtbar, unergründbar füreinander zu sein. Pokerface nennen das die Spieler.

Manche mögen auch Angst haben sich so zu zeigen, wie sie wirklich sind, weil sie Ablehnung fürchten, manche verstecken ihre Gefühle hinter Konventionen, weil sie Sorge haben, dass sie die Kontrolle oder ihre Fassung verlieren.

Dazu eine kleine Begebenheit:

Ich begrüße eine Heimbewohnerin freundlich lächelnd. Sie schaut mich an und sagt: "Gell, heute geht es ihnen nicht so gut. Ihr Mund lächelt zwar, aber ihre Augen nicht." Ja, ich kenne auch Situationen, wo ich mein Inneres nicht nach außen kehren will. Ich nehme dann meine professionelle Rolle als Schutzschild ein und vergesse dabei, dass liebevolle Augen meine Wirklichkeit auch durch die Tarnung sehen. Unsere Augen als Spiegel der Seele zeigen unsere echten Gefühle. Da brauchen wir einander nichts vorzumachen. In diesem Beispiel führte der aufmerksame Blick meines Gegenübers zu Verstehen und Klärung, zu einer Begegnung auf Augenhöhe.

Hier im Heim treffen ganz unterschiedliche Menschen aufeinander. Möglicherweise braucht der eine oder die andere auch eine Schutzmaske. Wie kommen wir zusammen? Ich glaube uns verbindet, dass wir alle bedürftig sind, dass wir hungern nach Gerechtigkeit, nach Wertschätzung, nach Zuwendung, nach Gemeinschaft, wir sehnen uns alle nach Wärme, nach Geborgenheit, nach Liebe.

Gestehen wir uns das ein - das ist ein erster Schritt aufeinander zu. Also schauen wir genau hin. Darüber hinaus gibt es jemand, der hinter unsere Masken sieht, seinem liebevollen Blick entgeht es nicht, wenn wir eine Rolle spielen. Unter den Augen Gottes können wir sein, wie wir sind - er kennt uns ja, manchmal besser als wir selbst. Gott kennt uns, egal was wir tun, ob wir sitzen oder gehen, liegen oder stehen - Gott ist da. Und ihm entfliehen geht nicht - der Psalm 139, den ich zu Beginn gebetet habe, zeigt das eindrücklich. Gott versteht unsere Gedanken und er umgibt uns von allen Seiten und hält seine Hand über uns, er behütet uns - Gott sei Dank!

Amen

Lied
EG 574 "Nichts soll dich ängsten" Mitsing-CD        
Gemeinsam beten wir noch einmal den Psalm 139.

Vater unser

Segen

Nachspiel
Giora Feidmann "Song for the Earth"