RitualTrauerritual

Aussegnung und Abschiedsfeier sind rituelle Formen der Verabschiedung am Lebensende. Während die Aussegnung im Beisein der verstorbenen Person stattfindet und der Fokus des Rituals auf den Verstorbenen und ihrem Abschied liegt, wird die Abschiedsfeier oftmals ohne den Leichnam im Kreis der Hinterbliebenen – der Angehörigen, Mitarbeitenden, Mitbewohnerinnen – begangen.

Aussegnung und Abschiedsfeier

 

 

Die Aussegnung ist in den Kirchen eine liturgische Form des Abschieds von einem verstorbenen Menschen. Da der letzte Lebensort (= Sterbeort) nicht von vornherein die eigene Wohnung ist, sondern in den meisten Fällen in Krankenhäusern, Pflegeheimen und Hospizen gestorben wird, bemühen sich diese Einrichtungen verstärkt um eine hilfreiche Abschiedskultur, zu denen auch eine Aussegnungsfeier gehört.

Die Aussegnung ist für Pflegende und Angehörige das Ende der Begleitung im Sterben und zugleich der Beginn der Trauer. Sie markiert damit ein schweres Stück des Weges, den Hinterbliebene gehen müssen.

Die Lebenden sollen die Möglichkeit haben, „dem Toten ins Auge zu sehen, das Leben auch in seinem Vergehen zu würdigen, eigenes Versagen und eigene Ohnmachtsgefühle hinter sich zu lassen und Abschied zu nehmen.“
Ida Lamp / Karolin Küpper-Popp, Abschied nehmen am Totenbett, Gütersloh 2009, S.10f

Gemeinsam beten…

Pfarrer bzw. Pfarrerin, Pflegekräfte und Angehörige beten gemeinsam, hören ein Wort aus der Bibel, haben Gelegenheit zur Stille oder für ein letztes Wort. Weinen, dankbares Erinnern, Schweigen - für alles, was zum Abschiednehmen hinzugehört, ist Zeit und Raum.

Der/die Verstorbene wird noch einmal gesegnet. Segen wird aber auch den Hinterbliebenen zugesprochen: Für die Zeit, in der getrauert wird. Die Aussegnung ermöglicht so einen stimmigen Abschied, bei dem Angehörige, Heimbewohner und Mitarbeitende die Verstorbenen bewusst vom letzten Lebensort verabschieden.

Auf das "Wir" kommt es an…

Auf das "Wir" kommt es bei der Einführung einer Abschiedsfeier an. Die Erfahrung lehrt, dass weder "von oben" angeordnete noch nur auf Initiative Einzelner durchgeführte Abschiedsfeiern eine Zukunft haben. Deshalb sollte möglichst das komplette Wohnbereichsteam bei einer Einführung anwesend sein und diese unterstützen. Es gilt zu überlegen, wie die Abschiedsfeier am besten in die Arbeitsabläufe integriert werden kann. Der Zeitbedarf für eine Abschiedsfeier soll 15-20 Minuten betragen.

Grundsätzlich kann eine Abschiedsfeier sofort nach der Versorgung des Verstorbenen bzw. in den Stunden danach stattfinden. Dies ist vor allem von den zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und den Teilnehmenden abhängig. Um sich selbst nicht zu überfordern und dem Sterben im Heimalltag kein Übergewicht zu geben, empfiehlt es sich, eine Form der Feier zu wählen und diese dann beizubehalten.
Die Abschiedsfeier wird kurz nach der Versorgung des Verstorbenen im Bewohnerzimmer durchgeführt. Im Ausnahmefall kann die Abschiedsfeier auch im Gemeinschaftsraum stattfinden (ohne Leichnam). Hier sollte zentral ein Tisch gestaltet werden (Blumen, Kerzen, Kreuz). Bilder von Verstorbenen können aufgestellt werden.

Mitarbeitende, Verwandte und Angehörige nehmen Abschied

Es sollten möglichst alle Mitarbeitenden anwesend sein, die den Verstorbenen gepflegt haben. Das werden in der Regel nicht alle Mitglieder des Teams sein. Einige Zeit nach der Einführung einer Abschiedsfeier kann für die Mitarbeitenden, die zur Zeit der Abschiedsfeier keinen Dienst haben, eine andere Form des Abschieds angedacht werden (zum Beispiel ein Erinnerungsbuch an zentralem Ort auf der Station mit einem Bild des Verstorbenen, in das die Mitarbeitenden ihre Gedanken und Gefühle eintragen, wenn sie wieder im Dienst sind).

Die Angehörigen, die das Sterben und den Tod der Verstorbenen begleitet haben, sollten eingeladen werden. Mit ihnen ist der Zeitpunkt der Feier abzuklären. Die Bewohnerinnen und Bewohner, die eine engere Beziehung zu den Verstorbenen hatten, sollten mit einbezogen werden.

Mitglieder ambulanter Besuchsdienste, Mitarbeitende der Verwaltung oder der Hauswirtschaft sollten ebenfalls eine Einladung erhalten. Sie hatten auch Kontakt zu dem verstorbenen Menschen, so dass engere Beziehungen entstanden sein können.

Text:
Pfarrer Matthias Hanning, Nehren

Literaturhinweis:
Rituale für leidvolle Lebenssituationen, Herausgeber Diakonisches Werk der Evangelischen Landeskirche Baden e.V.