Seelsorge und PflegePflege

Diakonie in Württemberg: Erfahrung und Engagement
Diakonische Angebote in der Pflege haben ihre Wurzeln in der Tradtion der lokalen, solidarischen Versorgung. Daraus ist ein fast flächendeckendes Angebot entstanden.

Im württembergischen Landesteil Baden-Württembergs gibt es rund 190 Diakonie-Sozialstationen, über 500 Krankenpflegevereine und 180 diakonische Heime in vielen Gemeinden. Dazu kommen Kliniken der Allgemeinversorgung und mehrere Spezialkrankenhäuser und Rehabilitationskliniken in diakonischer Trägerschaft. Sie sind wichtige Säulen der medizinisch-pflegerischen Versorgung in ihrer jeweiligen Region. In rund 70 kirchlichen Hospiz- und Sitzwachengruppen und 5 stationären Hospizen werden Menschen dabei unterstützt, die letzte Zeit des Lebens gut zu bewältigen.

Derzeit entstehen zunehmend Tagespflegeeinrichtungen und Tagesbetreuungsgruppen für pflegebedürftige Menschen. Die diakonischen Träger haben einen beträchtlichen Anteil an dieser Entwicklung. Dieses Engagement wurzelt in der Tradition christlicher Pflege, die in Württemberg maßgeblich vom großen Engagement der Diakonissenkrankenhäuser im 19. und 20. Jahrhundert geprägt war.

Die ambulanten Dienste sowie kirchliche Diakonie- bzw. Sozialstationen bieten auch in ländlichen und infrastrukturschwachen Gebieten häusliche Betreuung an. An vielen Orten gibt es zudem lokale Krankenpflegevereine und Nachbarschaftshilfen, die die ambulante pflegerische Versorgung unterstützen, sowie zahlreiche Betreuungsgruppen für Menschen, die sich nur noch eingeschränkt selbst versorgen können. Diese kleinen Organisationen werden von bürgerschaftlich engagierten Gruppen und Kirchengemeinden getragen. Sie sind ein wichtiges Element der Versorgungsstruktur und unterstützen komplementär die professionellen Dienste.

In den letzten 20 Jahren ist es in Baden-Württemberg gelungen, viele kleinere Pflegeheime in das Gemeinwesen zu integrieren, den Bezug zu den Wohnquartieren herzustellen und zahlreiche ehrenamtliche Unterstützerinnen und Unterstützer für die Versorgung im Heim zu gewinnen.

Trotz dieser starken professionellen und ehrenamtlich getragenen Angebote der kirchlichen und diakonischen Einrichtung gibt es auch in Baden-Württemberg einen immer noch erheblichen Entwicklungsbedarf. Ein weiterer Ausbau örtlicher Hilfestrukturen ist notwendig, um den Unterstützungsbedarf abdecken zu können.

7 Thesen zur Pflege mit Zukunft

1. Versorung von den Betroffenen her denken

Jede und jeder Pflegebedürftige hat ein Recht auf die Unterstützung, die sie oder er für ein gutes Leben braucht. An dieser Leitidee muss sich die Pflegepolitik orientieren.

2. Flexible und vernetzte Strukturen schaffen

  • Örtliche Hilfesysteme müssen abgestimmt angeboten werden.
  • Gute Pflege muss bezahlbar sein: Die Diakonie setzt sich dafür ein, ein schlüssiges und volkswirtschaftlich tragfähiges politisches Gesamtkonzept für eine Neuordnung der Pflegelandschaft zu entwickeln.
  • Alle Leistungsbereiche der gesundheitlichen Versorgung müssen miteinander verzahnt sein: Die Diakonie setzt sich für eine sektorenübergreifende Versorgung ein.

3. Transparenz der Leistungsangebote verbessern
Leicht zugängliche Informationen und Beratungsangebote sind nötig: Die Diakonie setzt sich für Informations- und Versorgungsnetze ein, in denen sich die unterschiedlichen Anbieter zusammenschließen sowie Beratung und Information bündeln.

4. Finanzierung der professionellen Angebote sichern

  • Die Diakonie forder eine konsequente Weiterentwicklung der solidarischen Pflegeversicherung, damit die heutige Pflege-Qualität erhalten bleiben kann, ohne dass Betroffene und Sozialhilfeträger unzumutbar belastet werden.
  • Die Diakonie fordert mehr Planungssicherheit und die Zusage der öffentlichen Kostenträger, Investitionen in neue Pflegeplätze über die Entgelte voll refinanziert zu bekommen.
  • Die Finanzierung der ambulanten Pflege muss nachhaltig sicher gestellt werden.

5. Mitarbeitende gewinnen und halten
Qualifizierte und motivierte Mitarbeitende können nur durch gute Arbeitsbedingungen gewonnen werden. Dazu gehört:

  • Eine Entlohnung, durch die das eigene Alter nicht zum Armutsrisiko wird
  • Arbeitszeiten, die ein Familienleben ermöglichen
  • Angemessene Arbeitsbedingungen, die die Erfüllung der bestehenden Aufgaben fördern und nicht überfordern

Dafür macht sich die Diakonie auf allen Ebenen stark.

6. Gute Pflege vor Ort braucht Investitionen in eine bessere Verknüpfung
Initiativen, bürgerschaftlich tätige Organisationen und professionelle Angebote im Sozialraum müssen besser miteinander verknüpft werden. In den Aufbau, die Unterhaltung und nicht zuletzt auch in die Koordination dieser Angebote müssen Land und Kommunen investieren.

7. Chancen der Digitalisierung nutzen
Die Chancen der Digitalisierung werden unter Berücksichtigung der ethischen Fragestellungen genutzt werden.

Text:
Johannes Kessler Abteilung Gesundheit, Alter, Pflege im Diakonischen Werk Württemberg