Gottesdienste und Predigten -

Worauf / auf wen warten wir?

Es gibt Orte, wo wir die Advents- und Weihnachtszeit gern verbringen: Mit den Lieben zusammen in der gemütlichen warmen Stube, manchmal auch bei einem Bummel durch die vorweihnachtlich geschmückte Stadt.

Es gibt Orte, wo wir die Advents- und Weihnachtszeit gern verbringen: mit den Lieben zusammen  in der gemütlichen warmen Stube, manchmal auch bei  einem Bummel durch die vorweihnachtlich
geschmückte Stadt oder über einen schönen Weihnachtsmarkt mit seinen Düften, ja, für so manche  Heimbewohner kann das durchaus auch das eigene vorweihnachtlich dekorierte Zimmer oder die Adventsfeier mit Gebäck, Tee oder Punsch, Musik, Liedern und dem Miteinander mit anderen sein. Es gibt aber auch Orte, wo so manche Advent oder Weihnachten zuallerletzt erleben wollen: Im Krankenhaus etwa, vor allem, wenn alles andere als  sicher ist, ob überhaupt noch geholfen werden kann.

Ja, für so manche Heimbewohner sind gerade einsame Stunden und Tage in der Advents- oder Weihnachtszeit schlimm, und wer sich (noch) nicht mit dem Leben im Pflegeheim anfreunden kann, die oder der wird sich auch im vorweihnachtlichen Beisammensein nicht unbedingt wohl
fühlen. Bei so manchen steht dann auch schnell die Frage im Raum, was Advent, was Weihnachten  eigentlich soll, wenn diese Zeit fast noch einsamerund trostloser erlebt wird als der Rest des Jahres.
 
Ja, kümmert dieser Gott sich überhaupt um mich, kümmert er sich überhaupt um jemanden?  Johannes der Täufer ist in unserem Predigttext auch an so einem Ort. Er ist im Kerker, vermutlich
auf der Festung Machärus in Galiläa. Eingesperrt ist er nicht, weil er etwas Schlimmes angestellt  hat, sondern weil seine Kritik dem Fürsten Herodes
Antipas ein Dorn im Auge war. Ungewiss ist  seine Zukunft; jeden Tag kann eine Entscheidung fallen - Freilassung oder Hinrichtung.

Und das in seiner Adventszeit. Advent, weil er auf den schaut und zeigt, der nach ihm kommen soll, der größer sein wird als er. Advent, weil er sich und das Volk auf Gottes rettendes Eingreifen durch den
Messias vorbereitet. Advent, weil er hofft, dass mit dem Messias das Ende solcher Tyrannen wie Herodes in Galiläa oder Kaiser Tiberius in Rom kommt - und damit eine neue Zeit für das Volk Israel anbricht, in der endlich Gott das Sagen hat,in der Friede und Gerechtigkeit herrschen. Aber noch spürt er die Hand des Herodes, noch ist so manches nicht gut in Judäa und Galiläa, und das lässt ihn fragen: „Jesus von Nazareth; bist du wirklich der, der da kommen soll? Oder müssen wir diese Hoffnung aufgeben und auf einen anderen warten? Das ist keine geringere Frage als die, ob Jesus wirklich der Messias, der Sohn Gottes ist. Das ist für uns die Frage, ob Jesus wirklich von Gott kommt, wirklich etwas ändern, helfen kann, oder das nun schon seit zweitausend Jahren reine Einbildung war.

Jesus weist auf die Zeichen und Wunder, die er wirkt, die im Matthäusevangelium, aber auch bei den anderen Evangelisten berichtet werden: Blinde sehen, Lahme gehen, Taube hören, Aussätzige werden rein, Tote stehen auf, Armen wird gute Nachricht gebracht. In Jesaja 35 sind das deutliche Merkmale der Heilszeit, wenn der Messias seine Herrschaft antritt (Jesaja 35, 5-7). Wer die Schriften der Propheten kennt und ernst nimmt, erkennt auch, dass es nun endlich so weit ist. Damit ist schon die Frage beantwortet, ob Jesus von Nazareth wirklich der ist, auf den das Volk Israel wartet. Warten und Vertrauen auf andere Selbsterkenntnis Heilsbringer und Messiasse erübrigt sich hiermit.

Nun ist die Situation der Menschen im Pflegeheim aber nicht immer so einfach. Die meisten erleben eher einen Fortschritt ihrer Krankheit, wachsende körperliche und geistige Einschränkung, und
damit eher das Gegenteil der Kennzeichen der Heilszeit des Messias. Sterben findet eher in umfassenderem Ausmaß um sie herum statt, liegt noch vor Ihnen, statt überwunden zu sein. Es ist daher nicht unproblematisch so zu tun, als ginge es nur um physische oder psychische Heilung. Der selbst gelähmte Theologe Ulrich Bach weist auf diese Problematik ja auch hin, wenn wir als Christen grundsätzlich über die Heilungswunder bei Jesus sprechen.

Auch ich verstehe diese Zeichen in einem weit umfassenderen Sinne: Mehr Ein- und Durchblick auf Gott und die Situation der Mitmenschen, besser hören können, was Gott, was der Mitmensch sagt, auf Gott, auf andere Menschen besser zugehen, auch in umfassenderen Sinne wieder lebendig werden, Befreiung aus Isolation und Ausgrenzung, Zusage von Gottes Nähe an alle, die ihre Grenzen und Mängel in ihrem Leben nur zu deutlich spüren, muss mir aber auch darüber im Klaren sein, dass auch diese Erfahrung bei weitem nicht von allen gemacht wird, so wie ich selbst ja auch immer wieder erlebe,
dass es in meinem Leben und in der ganzen Welt gut und gern noch weit mehr davon geben könnte. Deshalb ist mir ja auch das Wort Jesu in dem Abschnitt wichtig: „Selig ist, wer sich nicht an mir ärgert“, also, wer keinen Anstoß nimmt und deswegen das Vertrauen und die Hoffnung auf Jesus Christus aufgibt. Jesus sagt das ja, weil eben dieser Skandal, dieses Wegwerfen des Vertrauens nicht nur Bedrohung und Gefahr war und ist, etwa bei Petrus oder mir selbst, sondern immer wieder Wirklichkeit.

Genauso Wirklichkeit ist aber auch Jesu und Gottes Bereitschaft zu vergeben, seine Treue, die mich auch in solchen schwierigen Situationen festhält und immer wieder einen neuen
Anfang möglich macht. Diese Seligpreisung ist also auch hier nicht nur Warnung, sondern auch Zuspruch unverdienter und geschenkter Treue Gottes, die wir besonders jetzt in der Advents- und
Weihnachtszeit feiern dürfen, die es wert ist, dass wir darauf warten und von Gott Kraft und Geduld  erbitten, statt Hilfe von uns selbst oder anderen Heilsversprechen zu erwarten.

Zum Ablauf:
Musik zum Eingang.

Begrüßung und Votum.

Lied:

Wir sagen euch an den lieben Advent... (17, Strophen je nach Adventswoche)

Psalm 24 (712)

Gebet und stilles Gebet

Platz für Instrumentalmusik

Lesung: Matthäus 11, 2-6.

Lied:
bei ökumenischen Gottesdiensten „Kündet allen in der Not...“ (GL 221, 1-5) (Melodie bei EG 450)
oder: Macht hoch die Tür... (EG 1, 1-3)

Predigt

Lied:

Tochter Zion, freue dich... (13, 1-3)

Fürbitten und Vaterunser.

Lied:
Macht hoch die Tür... (1, 4+5)
Bekanntmachungen.

Segen

Musik zum Ausgang.

Den Gottesdienstbesuchenden kann auch eine Karte mit dem Bild von Matthias Grünewald mitgegeben werden, auf dem Johannes der Täuferauf Jesus Christus weist.