Gottesdienste und Predigten - - Erstellt von Pfarrerin Carola Münd

Unser Leben ist gehalten - ganz leicht, wie eine Feder

Bewohnerinnen und Bewohner, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Angehörige. Wir alle waren mit den Menschen verbunden, die im letzten Jahr hier aus dem Haus verstorben sind. Wir feiern gemeinsam einen Gedenkgottesdienst

Dieser Ablauf hat sich bei den Gedenkgottesdiensten in Weinsberg und Sülzbach bewährt. In dieser Form habe ich den Gottesdienst mit den unterschiedlichen Ansprachen 2006 und 2007 in Sülzbach gehalten. In Weinsberg wird er ökumenisch gefeiert - daher liegen hier nicht alle Texte vor. Es gab jeweils ein Liedblatt. 2006 mit einer weißen Feder aufgeklebt und 2007 mit dem Bild vom Vorschlag des Gottesdienstinstituts Nürnberg.

Musik zum Eingang

GRUSS: Wir feiern diesen Gottesdienst im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes

GEMEINDE: Amen.

BEGRÜSSUNG: Liebe Angehörige, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, liebe Bewohnerinnen und Bewohner, liebe Gäste, ich begrüße sie sehr herzlich zum Gedenkgottesdienst für die Verstorbenen. Ich bin Pfarrerin für Seniorinnen und Senioren und Altenheimseelsorgerin hier im Haus.
Jetzt, am Ende des Kirchenjahres, ist die Zeit des Totengedenkens – an Allerseelen und Allerheiligen in der katholischen Kirche und am Ewigkeitssonntag in der evangelischen. In diesem Gottesdienst wollen wir gemeinsam der Menschen gedenken, die in diesem Jahr hier im Haus verstorben sind und die wir verloren haben.

EINGANGSLIED: Morgenglanz der Ewigkeit

PSALM: Liedblatt Ps 139 + Ehr sei dem Vater

EINGANGSGEBET:
Ewiger Gott,
du hast uns geschaffen, hast uns ins Leben gerufen,
du kennst uns mit unseren Namen,
du hast die Menschen, die wir liebten, aus dem Leben gerufen.
Du weißt, dass sie uns fehlen und ihr Verlust uns schmerzt,
und doch sind wir dankbar für all das Schöne, das wir durch sie erfahren durften
und all den Segen, den du in ihr Leben gelegt hast.
So kommen wir zu dir und bitten dich:
schenke uns den Trost, den wir uns selbst nicht geben können.
Hilf uns den Weg zu verstehen, den du mit uns gehst,
und steh uns bei, dass wir auch das Schwere aus deiner Hand nehmen können.
Ewiger Gott, in der Stille bringen wir vor dich, was uns in dieser Stunde bewegt.

Stilles Gebet

Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft, noch seine Güte von mir wendet.
Amen.

SCHRIFTLESUNG: 1. Kor 15,35-38;42-44a

LIED: Befiehl du deine Wege

BESINNUNG: Buchstabenrätsel – Vorschlag Gottesdienstinstitut Nürnberg 2007 / Federleicht – Vorschlag Gottesdienstinstitut Nürnberg 2006 – Ansprachen s.u.

ANZÜNDEN DER KERZEN FÜR DIE VERSTORBENEN
Wir wollen nun der Verstorbenen gedenken und für jeden Menschen, der im
letzten Jahr hier im Haus von uns gegangen ist eine Kerze entzünden.
Jesus Christus spricht: Ich bin das Licht der Welt, wer mir nachfolgt wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern das Licht des Lebens haben!
Und: Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt.

Wir gedenken der Verstorbenen von Station 1
Anzünden der Kerzen mit Namen der Verstorbenen aus diesem Wohnbereich
Jesus Christus spricht: Ich lebe und ihr sollt auch leben.

Lied: Meine Hoffnung und meine Freude

Wir gedenken der Verstorbenen von Station 2
Anzünden der Kerzen mit Namen der Verstorben aus diesem Wohnbereich
Jesus Christus spricht: Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.

Lied: Meine Hoffnung und meine Freude

Wir gedenken der Verstorbenen von Station 3
Anzünden der Kerzen mit Namen der Verstorbenen aus diesem Wohnbereich.
Jesus Christus spricht: Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden.

Lied: Meine Hoffnung und meine Freude

Wir gedenken der Menschen, die wir in unserem Leben verloren haben. Derer, deren Namen hier nicht genannt wurden. Derer, deren Verlust uns immer noch schmerzt und mit deren Namen wir Erinnerungen an eine gemeinsame Lebensgeschichte verbinden. Für sie soll diese Kerze brennen.

Wir gedenken all der Menschen, die im vergangenen Jahr durch Gewalt, Terror oder Naturkatastrophen ums Leben gekommen sind. Von den wenigsten kennen wir die Namen und doch hat ihr Tod Leid und Unglück über viele andere Menschen gebracht. Für sie soll diese Kerze brennen.

Wir beten:
Ewiger Gott, du rufst uns ins Leben und du lässt den Tod über uns kommen. Du stellst uns Menschen an die Seite und du lässt sie wieder von uns gehen.
Doch im Leben wie im Sterben gehören wir alle zu dir.
Bei dir sind wir für immer geborgen.
Wir bitten dich:
Sei uns nahe.
Gib uns Kraft für den Weg, den wir gehen müssen.
Gib uns Hoffnung für die dunklen Wege der Trauer
und gib uns Mut für den Weg zurück ins Leben. AMEN

Musikstück

FÜRBITTENGEBET:
Lasst uns beten!
Ewiger Gott,
vor dir gedenken wir der Menschen, die wir verloren haben.
Wir danken dir für den Segen, den du in ihr Leben gelegt hast.
Wir danken dir für alles Gute, das wir mit ihnen erlebt haben.
Manches hätten wir aber auch gerne anders gemacht.
Manches ist zwischen uns stehen geblieben.
In deine gnädigen Hände befehlen wir
alles Bruchstückhafte und Unabgeschlossene.
Dich bitten wir um Vergebung für alles Unrecht,
das wir einander angetan haben.

Wir denken an die vielen Menschen,
die durch Gewalt und Unrecht umgekommen sind.
Wir kennen ihre Namen nicht,
wir wissen nichts von ihrem Leben,
nur Bilder haben wir von manchen gesehen.
Herr, lass die Opfer nicht vergessen werden.
Zieh die Täter zur Rechenschaft.
Mache ihnen Umkehr möglich.

Gott, wir denken auch an unser eigenes Ende.
Wir haben Angst vor Krankheit, vor Schmerz
und vor dem Verlassensein im Alter.
Schenke uns einen gnädigen Tod
und nimm uns am Ende mit Ehren an.

Gemeinsam beten wir, wie Jesus Christus es uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel!

LIED: 75 Christ ist erstanden

ABKÜNDIGUNGEN

Ganz besonders danken will ich denen, die diesen Gottesdienst musikalisch mit gestaltet haben.
Die Kerzen, die wir vorne angezündet haben, können sie, liebe Angehörige mit nach Hause nehmen. Sie sollen ihnen leuchten, wenn es in ihnen dunkel ist und sie den Verlust besonders spüren. Sie sollen sie wärmen, wenn ihnen die Nähe des Menschen besonders fehlt. Und sie sollen die Hoffnung und das Vertrauen in ihnen wecken, dass die Verstorbenen und wir gemeinsam in Gottes Hand sind – Gott kennt uns und ruft uns mit unserem Namen und zu ihm gehören wir im Leben und im Tod.

SEGEN

NACHSPIEL

Besinnung für den Gedenkgottesdienst für die Verstorbenen 2006

Liebe Gemeinde,
wir feiern heute alle zusammen einen Gedenkgottesdienst. Evangelische und katholische, Bewohnerinnen und Bewohner, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Angehörige. Wir alle waren mit den Menschen verbunden, die im letzten Jahr hier aus dem Haus verstorben sind. Wir feiern gemeinsam einen Gedenkgottesdienst, weil es gut ist, einen Ort zu haben für die Trauer und für die Erinnerung an all diese Menschen. Besonders schmerzlich spüren sie, liebe Angehörige, den Weggang ihres Vaters, ihrer Mutter oder ihres Partners. Aber auch hier im Haus geht kein Mensch ohne irgendwie Spuren zu hinterlassen. Manche Menschen fehlen für alle ganz offensichtlich – weil sie durch ihre Art einen ganzen Wohnbereich geprägt haben. Bei anderen war es ihre Art oder vielleicht nur ein Wort oder ein Satz, den diese Person gesagt hat, der einer Mitarbeiterin oder der Begleiterin aus dem Besuchsdienst vielleicht noch lange nicht aus dem Kopf geht.

Vielleicht haben sie sich gefragt, was diese Feder auf dem Liedblatt soll. Die weiße, leichte Feder ist doch sicherlich kein Symbol für das Gedenken oder für die Trauer. Denn beides fühlt sich schwer an. Ihnen, liebe Angehörige, wird es sicherlich immer noch so gehen, dass sie, wenn sie an den Menschen denken, den sie in diesem Jahr verloren haben, dieses bleierne, schwere Gefühl im Bauch sofort spüren. Trauer ist nichts leichtes, sie ist düster und macht einen schwer. Trauer kann einen lähmen – so sehr manchmal, dass man das Gefühl hat, das eigene Leben bleibt stehen, während alle anderen Menschen um einen herum weiterleben, die Dinge weiter ihren Gang gehen. Die Trauer ist wie eine Last, die auf einem liegt und die man selbst nicht ablegen kann. Nur mit der Zeit wird sie leichter. Und manchmal auch dann, wenn andere Menschen den schweren Weg der Trauer mit einem mitgehen – wenn andere tragen helfen. Ja, leichter kann die Last der Trauer werden, aber wohl nie so leicht wie diese weiße Feder vorn auf ihrem Liedblatt.
Diese Feder gehört zu einer anderen Erfahrung. Beim Tod eines Menschen wird uns auf einmal klar, wie leicht und zerbrechlich so ein Leben ist. Und vielleicht haben auch sie es so erlebt, wie nach dem letzten Atemzug eines Menschen eine unvermutete Leichtigkeit da ist, weil man spürt, dass dieses Leben nicht verlischt, sondern gehalten ist – ganz leicht, wie eine Feder und wie auch nach einem schweren Sterben tiefer Friede dann den Raum erfüllt.
Leicht wie eine Feder – federleicht – so heißt das Gedicht, dass auf der Rückseite ihres Liedblattes steht und das versucht, die Gefühle eines solchen Momentes in Worte zu fassen:

Federleicht

Leicht, ganz leicht. Eine Feder, die nicht fällt.
Schweben und steigen, Unsichtbar, was dich hält.
Entlastet, getragen, das Schwere bleibt zurück.
Das Ende ist mit der Krone geschmückt.

Leicht, ganz leicht. Und wir sehen uns wieder.
Hoffen und Glauben. Blick hinauf, nicht darnieder.
Unter Fittichen Schutz, unter Flügeln Zuflucht.
Verloren, gefunden, von dem, der dich sucht.

Leicht, ganz leicht. Dass du deinen Fuß nicht stößt,
auf den Händen der Engel getragen, erlöst.
Behütet führt dein Weg nun nach Haus,
wo du das, was du glaubst, wunderbar schaust.

Vielleicht sind Worte dabei, die auch sie so gesagt haben oder gefühlt haben angesichts des Todes eines Menschen: Jetzt ist er erlöst, sie durfte nun heimgehen, Gottes Engel hat sie geholt, wir sehen uns wieder.
All diese Worte drücken auch aus, was wir Christen glauben und worauf wir im Leben und im Sterben hoffen. Wir glauben, dass wir nach dem Tod nicht verloren sind, sondern erlöst. Wie Jesus Christus durch den Tod ins Leben gegangen ist, so wird auch für uns der Tod nicht das Ende, sondern der Anfang neuen Lebens sein.
Wir glauben, dass das Sterben ein Heimgehen ist – nicht, weil wir dort alles schon so kennten, wie daheim, sondern weil wir bei Gott sein werden und es uns dort so gut gehen wird, wie nirgendwo auf der Welt. Weil dort der Ort ist, wo alles Unheilvolle, alles schmerzhafte und zerrissene unseres irdischen Lebens heil und gut werden wird.
Wir hoffen darauf, dass es dort ein Wiedersehen geben wird mit all den Menschen, mit denen wir im Leben unterwegs waren. Dass unsere Trennung nicht auf ewig ist, sondern auf eine kleine Weile.
All dies glauben und hoffen wir für die Menschen, die wir hier im Haus vergangenes Jahr verloren haben, für all die Menschen, die wir begraben mußten und deren Weggang uns noch immer schmerzt und für all die Menschen, die Opfer von Gewalt, Terror oder Naturkatastrophen. AMEN

Besinnung für den Gedenkgottesdienst für die Verstorbenen 2007

Liebe Gemeinde,
wir feiern heute alle zusammen einen Gedenkgottesdienst. Evangelische und katholische, Bewohnerinnen und Bewohner, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Angehörige. Wir alle waren mit den Menschen verbunden, die im letzten Jahr hier aus dem Haus verstorben sind. Wir feiern gemeinsam einen Gedenkgottesdienst, weil es gut ist, einen Ort zu haben für die Trauer und für die Erinnerung an all diese Menschen. Besonders schmerzlich spüren sie, liebe Angehörige, den Weggang ihres Vaters, ihrer Mutter oder ihres Partners. Aber auch hier im Haus geht kein Mensch ohne irgendwie Spuren zu hinterlassen. Manche Menschen fehlen für alle ganz offensichtlich – weil sie durch ihre Art einen ganzen Wohnbereich geprägt haben. Manche waren nur kurze Zeit hier im Haus. Doch ihre Namen haben wir alle noch in Erinnerung.

Unsere Namen. Sie sind wohl der knappste Ausdruck unserer Persönlichkeit. Unsere Namen stehen für das, was uns persönlich auszeichnet, das, was uns unverwechselbar macht. Gerade deswegen schreiben wir ja auch die Namen unserer Verstorbenen auf einen Grabstein. Wir wollen damit sagen: Wir denken an dich und haben dich in Erinnerung, so wie du warst. Wir wollen das nicht vergessen, was du uns bedeutet hast.
Auch auf ihrem Liedblatt ist vorn ein Grabstein abgebildet. Er steht in Nürnberg auf dem Johannis-Friedhof. Doch dieser Grabstein ist anders, als wir sie so kennen. Nicht nur weil er sehr alt ist, aus dem Jahr 1715. Sondern auch, weil hier eben kein Name zu erkennen ist. Vielmehr sieht man einen ganzen Buchstabensalat in der Mitte. Ein A, ein S und ein W sind zu erkennen. Es ist wie ein Rätsel vor dem man steht. Wer diesen Grabstein gemacht hat, wollte wohl ganz deutlich machen, was der Tod bedeutet: Früher oder später wird sich nach meinem Tod niemand mehr an meine Persönlichkeit, an meinen Namen erinnern. Am längsten wird die Erinnerung an mich wohl in der Familie überdauern. Wenn dann jemand vor meinem Grabstein stehen sollte, dann wird es auch für ihn ein Rätsel sein, wer ich wohl war und zu wem dieser Name gehört hat.

Diese Zukunft für uns und für die Menschen, die wir lieben, vor Augen zu haben macht Angst. Denn eigentlich sind wir immer darauf bedacht, so zu leben, dass wir etwas hinterlassen. Ein wohl bestelltes Haus mit Garten, eine Familie, auf die man stolz sein kann, etwas, was noch Generationen nach uns mit unserem Namen verbunden werden kann. Doch nur bei den wenigsten ist das der Fall. Manchmal bleibt schon gleich nach dem Tod von einem Menschen so wenig, dass es nicht einmal mehr eine Trauerfeier oder einen Grabstein gibt. Es wird uns wohl allen so gehen, dass unsere Namen, denen die nachkommen, irgendwann ein Rätsel sein werden – wie diese Buchstaben auf dem Grabstein. Doch diese traurige Tatsache ist nicht alles, was uns der Grabstein auf dem Liedblatt erzählen will. Wer diesen Grabstein gemacht hat, wollte damit auch sagen, dass mit dem Tod noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Es ist ja noch mehr zu sehen als ein Haufen voller Buchstaben. Wenn man genau hinsieht, dann erkennt man, dass über dem Buchstabendurcheinander zwei kleine Engel am Werk sind.

Sie sind dabei die Buchstaben aufzurichten und zu sortieren. Ganz oben steht schon das I. Es ist geschmückt und mit einer Ranke verziert. Damit wollte der Mensch, der diesen Grabstein gemacht hat sagen: Was immer auch geschieht, selbst wenn ihr meinen Namen schon vergessen habt und er für euch ein Rätsel geworden ist. Selbst dann ist mein Name nicht verloren. Vielmehr ist mein Name dann schon hergerichtet und geborgen bei Gott. Mit meinem Namen hat er mich zu sich gerufen, so wie er es mir in der Taufe versprochen hat. Bei ihm bin ich aufgehoben und bei ihm ist mein Leben so, wie ich es immer gehofft habe: heil und ganz, ohne Leid und Schmerz, gut und voll Freude.
Liebe Angehörige, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Ehrenamt.

Wenn wir heute Gedenkgottesdienst feiern und uns an all die Menschen erinnern, die in diesem Jahr hier im Haus verstorben sind, dann tun wir das, weil jeder und jede von ihnen es wert ist, dass man an sie oder ihn denkt. Dass man von ihnen erzählt, hier im Haus, in der Familie oder unter Freunden. Und wir verlesen ihre Namen in der Gewissheit, dass sie nun nicht verloren sind, sondern in Gottes Hand geborgen. In seine Hand sind ihre Namen gezeichnet. Dort geraten sie nie durcheinander, dort werden sie nie vergessen. Dort sind sie für immer zu finden. So hat es uns Gott versprochen. AMEN.