Andachten - - Erstellt von Pfarrerin Claudia Krüger

Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig

"Das schafft der nie, der kleine Kerl!“ Ja, wie soll ein kleiner Mensch so einen riesigen Stein aufhalten können, wenn der Stein erst einmal ins Rollen kommt. Dann wird doch der kleine Kerl von der Masse des Steines überrollt und hat keine Chance, noch rechtzeitig wegzurennen. Und ich spüre eine liebevolle Solidarität mit einem, der wie wir nicht zu den Mächtigen der Weltgeschichte gehört, und sich trotzdem der Übermacht mutig entgegenstemmt

Idee: am Anfang des Jahres soll wie in jedem Jahr über die Jahreslosung nachgedacht werden, die schon überall im Haus sichtbar ist und auch zum Silvestergottesdienst schon bedacht wurde.
Die diesjährige Jahreslosung kann besonders ältere Menschen ansprechen, die ja mit Schwachheit leben müssen und mit abnehmenden Kräften. Umso mehr kann die Jahreslosung Mut machen, durch die Kraft Gottes gestärkt in ein neues Jahr zu gehen.

Gemeinsam bedenken z. B.:

  • Wann und wodurch fühle ich mich (manchmal) schwach?
  • Was fürchten wir im Blick auf das neue Jahr?
  • Worauf freuen wir uns im Blick auf das neue Jahr?
  • Was hat mir im Leben immer wieder Kraft geben können?
  • Wie schaffe ich es morgens, wieder in einen neuen Tag zu starten?
  • Menschen ermutigen mich – wie?
  • Gott ermutigt mich – wie?
  • Wir ermutigen uns gegenseitig.
  • Wer weiß etwas über den Apostel Paulus?
  • Er war nicht der große Völkerapostel, sondern fühlte sich oft schwach und angefochten.

Material / Symbole:

  • Hinweis auf Plakat: Keimling (könnte auch vorher in einem kleinen Topf gezogen werden, z. B. Bohnenkeimling)
  • Postkarten / Plakate / Dias mit verschiedenen Motiven zur Jahreslosung
  • Stein (Steine, die uns auf dem Herzen liegen, Berge, die wir bewältigen müssen, steinige Wege…)
  • Kerze: Symbol für Wärme, Kraft, kann einen ganzen Raum erleuchten, obwohl sie so klein ist
  • Feder: als Symbol für Engel, die uns begegnen oder Situationen, in denen uns geholfen wird und etwas wieder leichter werden kann
  • Weitere Symbole, die ermutigen können, wie z. B. Herz, Murmel, Kreuz, Seifenblasen, Rose, …)
  • Rose von Jericho / Christrose (Staunen!)
  • Ultraschallfoto eines ungeborenen Kindes

Ablauf:

Glockengeläut

Begrüßung:
Wir feiern eine Andacht miteinander zum Beginn des neuen Jahres. Mittelpunkt unserer Andacht soll die Jahreslosung für das neue Jahr 2012 sein. (Wer kennt sie schon, oder hat schon ein Bild dazu gesehen?)

Votum:
Wir feiern unsere Andacht im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. (gemeinsam: Amen).

Lied: 
(ermutigendes für den Weg) – können durch andere bekannte Lieder ergänzt werden – welches Lied hat mir schon besonders viel Kraft gegeben?

  • Vertraut den neuen Wegen (EG 395)
  • Von guten Mächten (EG 541)
  • Jesu, meine Freude (EG 396)
  • Befiehl du deine Wege (EG 361)
  • Bis hierher hat mich Gott gebracht (EG 329)

Psalmgebet

  • Ps 23    (EG 711)
  • Ps 73    (EG 733)
  • Ps 121  (EG 749)
  • Ps 139  (EG 754)
  • Ps 31    (EG 716)
  • Gut passt auch der Lobgesang der (kleinen) Maria: (EG 761)

Oder Psalmen in heutiger Sprache:

  • 767: Geborgen ist mein Leben in Gott
  • 769: Gott behütet mich
  • 770. Von allen Seiten umgibst du mich

Gebet
Lebensabend (EG 826)
Eine Fülle von schönen Gebeten finden Sie in dem Büchle der Samariterstiftung („Lass dich beflügeln“)

Gesprächs-Imulse:

  • eigene Erfahrungen (s. “gemeinsam bedenken“ – wann habe ich in meinem Leben erlebt, dass ich entgegen aller Schwachheit doch wieder Kraft bekommen habe)
  • Symbole (betrachten und Erfahrungen dazu)
  • Redensarten: „Es geht immer wieder ein Türle auf.“
    „Die Mitte der Nacht ist der Anfang des Tages.“
     „Immer, wenn du meinst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her.“
  • Bibelworte, die mir auch schon Kraft gegeben haben:
  • Gott hat uns nicht einen Geist der Furcht gegeben, sondern den Geist der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. (2. Thess.1,7 Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von Dir weichen und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer. (Jes. 54,10)
  • Der Herr ist mein Licht und mein Heil, vor wem sollte ich mich fürchten, der Her ist meines Lebens Kraft, vor wem sollte mir grauen? (Ps.27)
  • Erinnerungen an meinen Konfirmationsspruch oder Trauspruch oder andere Verse, die mir Kraft gegeben haben.
  • Weitere Gedanken: „Ich hätte nie gedacht…, aber…!“
  • Plakate oder Bilder zur Jahreslosung

Erfahrung: Wo wir mit unseren Kräften oder Ideen am Ende angekommen sind, da ist Gott noch lange nicht an seine Grenzen gelangt. Er gibt uns immer wieder ganz unerwartet Kraft oder eine neue Perspektive, schickt uns Menschen zur Seite und lässt uns manchmal einfach nur staunen!

Zum Foto: kleiner Junge – großer Stein  (iStockfoto, Brunnen-Verlag)
 „Das schafft der nie, der kleine Kerl!“
Ja, wie soll ein kleiner Mensch so einen riesigen Stein aufhalten können, wenn der Stein erst einmal ins Rollen kommt. Dann wird doch der kleine Kerl von der Masse des Steines überrollt und hat keine Chance, noch rechtzeitig wegzurennen. Und ich spüre eine liebevolle Solidarität mit einem, der wie wir nicht zu den Mächtigen der Weltgeschichte gehört, und sich trotzdem der Übermacht mutig entgegenstemmt.
Wenn man einen anderen Ausschnitt dieses Fotos sieht, dann erkennt man, dass dieser riesige Felsbrocken ganz fest auf dem Gestein aufliegt und niemals ins Rollen kommen kann – es sei denn bei einem Erdbeben.

Gott sei Dank! Denn nun muss ich erst einmal keine Angst um den kleinen Jungen haben, sondern kann ihn erleichtert mit anderen Augen betrachten.
Er gefällt mir wie er da steht und zeigen will: „Schau mal, ich kann den riesigen Stein stemmen. Schau mal wie stark ich bin!“ Er erinnert mich an einen meiner Söhne, der bis heute immer wieder beweisen möchte wie stark und bewundernswert er doch ist!

Freilich, käme der Stein tatsächlich ins Rollen, er hätte nicht die geringste Chance. Und so fühlen wir uns ja manchmal auch – viel zu klein, um die wirklich großen Dinge aufzuhalten.
Da gibt es die Großen der Finanzmärkte, die Mächtigen in der Politik, die das Weltgeschehen mehr oder weniger verantwortungsbewusst steuern – da sind wir doch kleine Lichtlein, die nichts bewirken können.
Und manchmal spielen wir auch in der Gemeinde, in der Schule, in der Familie keine besonders bedeutende Rolle, sind halt schwach oder höchstens durchschnittlich begabt und lassen uns viel zu oft von den vermeintlich Stärkeren bevormunden oder einschüchtern.

„Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig“.
Das hat Gott zum Apostel Paulus gesagt, als er sich in seiner großen Not an ihn gewandt hat.
Denn er war mitnichten der große Völkerapostel und auch kein Held, sondern sein Leben lang ein kranker Mensch, angefochten, „ungeschickt in der Rede“, oft in Todesnöten, geschlagen, gesteinigt. Er hat Schiffbruch erlitten, Gefahr von allen Seiten erlebt – von Räubern, Heiden, auf Reisen, auf dem Meer und war manchmal auch in Gefahr unter falschen Brüdern. Ständig in Sorge um seine Gemeinden, die sich so leicht wieder von allem haben abbringen lassen, was er sie doch mit so viel Eifer und Liebe gelehrt hat.
An einer Stelle schreibt er, dass er einen „Pfahl im Fleisch“ gespürt hat – welche Krankheit es genau war, wissen wir nicht, aber er hat sich dabei wie mit „Fäusten geschlagen“ gefühlt. Und dann hat er zu Gott gefleht, der ihm die folgende Antwort gab:
„Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ Das hat ihm genügt, damit er dennoch guten Mutes sein kann in Schwachheit, in Misshandlung, in Nöten in Verfolgungen und Ängsten. Ja, „wenn ich schwach bin, so bin ich stark.“ 
Und ich denke an Leute wie die Liederdichter Paul Gerhardt oder Jochen Klepper, die in schwerster Zeit und persönlich unter harten Anfechtungen und deshalb glaubwürdig dennoch die tröstlichsten Lieder gedichtet haben.

„Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig“, das sagt Christus, der ja immer ein Herz hatte für die Schwachen, die Benachteiligten, die Kranken, die Mutlosen, die Sünder, die Ausgeschlossenen, die Sterbenden, die Angefochtenen, die Kinder.
Ihnen und allen Schwachen hat er das Reich Gottes verheißen. „Werdet wie die Kinder“, erwartet alles von Gott und von seiner Kraft, erkennt ihn als liebevollen Vater, der für euch sorgt.
Der, der uns das sagt, war selbst schwach. Ein hilfloses, nacktes Kind in einer armseligen Krippe. Und zuletzt ein leidender Sterbender am Kreuz, der sich von Gott verlassen fühlt wie wir Menschen uns mitunter auch verlassen fühlen und manchmal in Todesangst geraten. Aber durch sein eigenes Leiden kann er uns glaubwürdig nahe sein, gerade in unserer Not, gerade in unserer Schwachheit.

Wir Menschen wissen, dass wir älter werden, dass wir immer schwächer werden, dass wir viel länger brauchen im Alter, um uns wieder von einer Krankheit zu erholen. Und wir wissen auch, dass einmal unsere Kraft aufgebraucht sein wird.
Da sind wir mit dem Blick des Alters ganz realistisch und weise genug. Aber das ist kein Grund zu resignieren, sondern wir hören aufmerksam die Worte, die gerade auch uns gesagt sind: „Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ Mehr brauche ich nicht.
Diese Gnade genügt uns – denn der sie uns verspricht, der liebt uns Menschen mit all seiner Kraft und er verheißt uns sein ewiges Reich, in welchem wir Heimat und Geborgenheit finden werden, wenn wir einmal aus dieser Welt gehen.

Über der armseligen Krippe liegt ein unbeschreiblich heller Glanz, und über dem Grab leuchtet uns das strahlende Licht der Auferstehung entgegen.
Diese Zuversicht kann uns innerlich ganz gelassen und gleichzeitig ganz stark machen, trotzig, stolz, nicht selbstbewusst – aber uns eines liebenden Gottes bewusst! Mehr brauchen wir nicht.
Dann können wir uns wie der kleine Kerl gegen einen großen Fels stemmen in der Gewissheit, dass der, der mich liebt als sein Kind, dass der mich innerlich stark machen wird.
Und so kann eine trotzige, vertrauensvolle, manchmal auch fröhliche Gewissheit entstehen, so dass ich immer wieder sagen kann: doch, das schaffe ich, weil du mir hilfst. Von dir bekomme ich jeden Tag neue innere Kraft. Ich darf darauf vertrauen, dass ich nicht alles aus eigener Kraft bewältigen muss, sondern dass da einer trägt mit mir, sich mir zur Seite stellt, mich mit Worten ermutigt, die er mir ins Ohr und ins Herz spricht. Und da tief im Herzen können mir seine Worte eine mächtige Kraft geben. Und mit einem Mal kann ich erfahren:

Es trägt mich einer mit, er trägt mich mit an all dem Schweren und er trägt mich einmal auch durch den Tod hindurch in seine ewige liebevolle Geborgenheit.
Das kann mir immer wieder so viel Mut geben, dass ich gerade für diesen Tag zuversichtlich und manchmal auch wieder fröhlich sein kann! Und immer wieder können wir gar über uns selbst hinaus wachsen.
Manchmal sagen wir ja: „Ich kann keine großen Sprünge mehr machen“, aber innerlich, da können wir sehr wohl noch große Sprünge machen, wie es ein Psalmist einmal so wunderbar gesagt hat: „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen“ (Ps.18). Und das Schöne ist: Das kann ich auch mit Rollstuhl oder Rollator, das kann ich innerlich mit der Kraft und der Eleganz und der Leichtigkeit dessen, der immer wieder das Wort in seinem Herzen vernimmt:

„Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“
Mit diesem Wort können wir getrost und froh, mutig und gelassen ins neue Jahr gehen und in jeden neuen Tag.
Amen.

Liedvorschläge:
Großer Gott, wir loben dich (331)
Ich steh in meines Herren Hand (374)
Nun danket alle Gott (321)
So nimm denn meine Hände (376)
Lobe den Herren…(317)
Jesu geh voran (391)
Segenslieder:
Bewahre uns Gott (171)
Der Herr segne dich (563)
Unsern Ausgang segne Gott (163)

Gebet
Lied:
EG 825, 1-3
Vaterunser