Gottesdienste und Predigten - - Erstellt von Pfarrer Johannes Bröckel

Gibt es noch etwas, wonach ich dürste?

Darf ich Ihnen Wasser anbieten? Mit einer freundlichen aber sehr bestimmten Stimme forderte in einem Pilotprojekt im Altenpflegeheim ein Roboter die Bewohner zum Trinken auf.

 

Darf ich Ihnen Wasser anbieten?
Mit einer freundlichen aber sehr bestimmten Stimme forderte in einem Pilotprojekt im Altenpflegeheim ein Roboter die Bewohner* zum Trinken auf.
Der Roboter kam überraschenderweise sehr gut an. Denn er war immer freundlich. Wenn er abgewiesen wurde, drehte er sich um und kam kurz darauf unverdrossener Dinge
wieder und bot erneut mit seiner ruhigen Stimme das Wasser zum Trinken an. Er ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
Die Bewohner*innen gewöhnten sich an den Roboter, weil er nie unfreundlich wurde. Sie ließen sich überreden je öfter er kam, von ihm überreden. Sie tranken mehr als sonst, weil sie so beharrlich
aufgefordert wurden. Wir alle wissen, wie wichtig es ist, 1-2 Liter Wasser am Tag zu trinken. Kleinkinder bestehen beinahe zu 70 Prozent aus Wasser.
Im Alter verändert sich der Wasseranteil in unsere Körper und in späteren Jahren sinkt der  Wasseranteil unter 50 Prozent.
Wir Älteren trinken oft viel zu wenig.

Damit steigt die Gefahr, dass wir austrocknen.
Nur wenn wir unserem Körper genügend Wasser zuführen, funktioniert der Stoffwechsel. Wasser transportiert wichtige Nährstoffe. Was von ihnen nicht verwertet werden kann, wird mit dem Wasser wieder ausgeschieden. Auch unser Gehirn besteht zum großen Teil aus Wasser.
Trinken wir zu wenig, dann merken wir sehr schnell, dass wir uns kaum noch konzentrieren können.
Unser Körper braucht an jeder Stelle Wasser.
Ohne das Wasser sind wir nicht lebensfähig.

Wir werden sofort müde. Wir verlieren unsere Leistungsfähigkeit.
Obwohl wir längst wissen wie wichtig es ist, Wasser zu trinken – wir können es auf der anderen Seite kaum noch hören: Haben Sie heute schon genügend getrunken?
Unser Hausarzt, die Pflegekräfte, ja sogar die eige
nen Kinder fragen fast jeden Tag nach: Hast du genügend getrunken?

Mittlerweile muss uns niemand mehr vorhalten, wie wichtig Wasser im Alter ist. Aber es ist gar nicht so einfach, an jedem Tag 1 Liter oder mehr zu trinken.
Wir bemühen uns. Aber das ist leichter gesagt als getan.
Oft hält sich unser Durst in Grenzen. Es gelingt dann beim besten Willen nicht, die Wasserflasche, die einen so vorwurfvoll
anstarrt, zu leeren. Wenn durch die Jahreslosung für das Jahr 2018 Gott zu uns spricht:

Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst,dann rührt sich beinahe
schon ein wenig unser schlechtes Gewissen.
In der Regel trinken wir zu wenig.
Es fällt uns schwer, genügend Wasser über den Tag verteilt, zu uns zu nehmen.
Es geht sicherlich bei Gott auch um mehr, als dass wir genügend Wasser trinken. Der Durst nach Wasser, der zum menschlichen Dasein hinzugehört, verspricht uns Gott, wird
von ihm mit lebendigem Wasser gestillt. Aber das widersetzt sich ein wenig unseren inneren Eindrücken.

Der Durst nach Leben versiegt mit den Jahren. Wir fragen uns, was kommt noch? Gibt es überhaupt noch etwas, wonach ich dürste?
Unsere Erfolge im Leben sind verblasst.
Unsere Kraft und unser Können schwinden mit den Jahren.
Es dürstet uns anders als in jungen Jahren: Es ist
nicht mehr wichtig ob man verliert oder gewinnt.
Die Maßstäbe verändern sich.

Wir werden dankbar für Menschen, die für unseren stolpernden Fuß und unsere steifen Finger Verständnis zeigen.
Wir werden gelassener und lernen ruhig zu werden, weil wir inzwischen begriffen haben, dass wir gar nicht alles mehr hören geschweige denn verstehen müssen.
Uns dürstet es nach einem freundlichen Lachen von Menschen, die sich die Zeit nehmen mit uns zu reden.
Wir schätzen solche Menschen, die uns nicht immer daraufhin weisen müssen, dass wir das, was uns bewegt, schon ein zweites Mal erzählt haben.
Es dürstet uns nach Menschen, die verstehen und ganz selbstverständlich Zeit haben, wenn alles bei uns langsamer wird.
Wir dürsten nach Personen, die sich mit uns zusammen an den Erinnerungen freuen, die uns
im hohen Alter so wichtig sind, weil sie unser Leben ausmachen.