Gottesdienste und Predigten - - Erstellt von Pfarrer Matthias Hannig

Das Leben beginnt neu

Nach dem Tod Jesu sind seine Jüngerinnen und Jünger ein verängstigtes, eingeschüchtertes “Häufchen Elend“. Sie wissen nicht, wie es mit ihnen ohne ihren “Herrn und Meister“ weitergehen soll.

Gruß/Votum
Im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes Amen.
Wir feiern diesen Gottesdienst am Beginn eines neuen Tages, denn das Licht hat die Nacht überwunden.
Wir feiern diesen Gottesdienst am Beginn eines neuen Frühjahrs, denn die Wärme hat den Winter überwunden.
Wir feiern diesen Gottesdienst am Beginn eines neuen Lebens, denn Gott hat den Tod überwunden.
 
Lied
„Wir wollen alle fröhlich sein“ (EG 100, 1-4)
 
Psalm
118 (EG Württemberg 747)
Das anschließende „Ehr sei dem Vater und dem Sohn…“
kann auf die Melodie des Osterlieds „Erschienen ist der herrlich
Tag“ (EG 106) gesungen werden.
 
Eingangsgebet

Gott, am Ostermorgen hast du einen neuen Anfang gemacht. Du hast Leben zum Blühen gebracht, wo alles an den Tod glaubt. Du hast uns gefunden, wo wir bereit waren, das Hoffen aufzugeben.
Hilf uns, dass wir einstimmen in das Lob des Lebens, das du uns schenkst.
 
Stilles Gebet
 
Lesung
Matthäus 28, 1-10 (Osterevangelium)
Als Glaubensbekenntnis kann danach das Credolied (EG 184) auf die Melodie von „Erschienen ist der herrlich Tag“ (EG 106) gesungen werden; vgl. auch Bemerkung zum Psalm.
 
Lied
„Christ ist erstanden“ (EG 99)
 
Predigt
Liebe Hausgemeinde, nach dem Tod Jesu sind seine Jüngerinnen und Jünger ein verängstigtes, eingeschüchtertes “Häufchen Elend“. Sie wissen nicht, wie es mit ihnen ohne ihren “Herrn und Meister“ weitergehen soll. All ihre Hoffnung ist ihnen genommen, und das Leben liegt wie eine einzige große Bedrohung vor ihnen.
 
So sehen es auch Maria und Maria Magdalena. Sie gehen zum Grab Jesu. “Wenn wir schon alles verloren haben“, so sagen sie sich, “so wollen wir doch wenigstens trauern um all das, was uns mit dem Tod Jesu genommen worden ist.“ Als sie das Grab wieder verlassen, können sie sagen: “Wir haben alles gewonnen.“ Ein Wechselbad der Gefühle. Wie es dazu gekommen ist?
Der Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat hinzu und wälzte den Stein weg und setzte sich darauf. Seine Gestalt war wie der Blitz und sein Gewand weiß wie der Schnee. Die Wachen aber erschraken aus Furcht vor ihm und wurden, als wären sie tot. Aber der Engel sprach zu den Frauen: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, dass ihr Jesus, den Gekreuzigten sucht. Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er gesagt hat.
 
Auf Erfahrungen, wie sie die Frauen gemacht haben, können wir nicht zurückgreifen. Auch wir besuchen Gräber. Auch wir betrauern den Tod nahestehender Menschen. Auch wir meinen, mit dem Tod der Ehefrau oder des Vaters alles verloren zu haben. Aber niemand kommt dann ans Grab und verkündet uns wie der Engel “er oder sie ist nicht hier, denn sie sind auferstanden.“
 
Dennoch sind die beiden Marias wunderbare Lebenskünderinnen. Sie sind Botschafterinnen der Auferstehung Jesu – auch für uns. Was ist an ihnen so faszinierend?
 

  1. Das eine haben wir schon angedeutet: Die Frauen gehen angesichts des Todes Jesu nicht gleich zur Tagesordnung über: “Wir müssen alle sterben …... so ist das Leben halt...... da kann man nichts machen?“ Nein! In ihrem Gang zum Grab liegt ein letzter stiller Protest gegen den Tod.
  2. Die Frauen lassen sich überraschen. Ihre Trauer führt nicht dazu, dass sie sich zurückziehen, sich in ihre Trauer ´vergraben´; sie bleiben ansprechbar auf eine Botschaft, die unglaublich klingt: Jesus, der Gekreuzigte, ist auferstanden. Sie vertrauen dem Wort des Engels – und sei es auch nur deswegen, weil der Engel ausspricht, was sie im Geheimen immer hofften: Jesus bleibt bei uns.
  3. Die Frauen lassen sich in Bewegung setzen. Sie ahnen: Hier ist etwas geschehen, das alles verändert; das müssen wir weiter erzählen. Es bleibt nicht bei einer klammheimlichen Freude. Auf das Wort des Engels hin wagen sie es, zurück nach Jerusalem zu den verzweifelten Jüngern zu gehen. Sie sind bereits unterwegs, da kommt ihnen der Auferstandene entgegen. Jesus zeigt sich den Frauen wohl deswegen zuerst, weil sie nicht dastehen und lamentieren, sondern sich ohne eindeutige Beweise aufmachen.
  4. Die Frauen haben am Grab etwas gelernt, was man in keiner Schule lernen kann. Sie haben gelernt, am Tod zu zweifeln, sie haben gelernt, an Gewalt und Zerstörung zu zweifeln, sie haben gelernt, an der Lebensangst zu zweifeln. Nur an einem zweifeln sie nicht mehr: am auferstandenen Jesus und dem Leben, das er schenkt.

Mögen wir es den beiden Marias gleichtun? Vielleicht beginnt unser neues Leben, unser Osterweg, auch damit, dass wir uns nicht einfach abfinden mit den vielen lebenszerstörerischen Kräften. Mag sein, wir gehen auch auf den Friedhof, hin zu einem Grab, wo wir uns dem Tod mit unseren Tränen stellen. Mag sein, unser Protest gegen den Tod ist auch ein klagendes, an Gott gerichtetes Gebet: “Mein Gott, mein
Gott, warum hast du mich verlassen?“
 
Wenn wir uns auf diese Weise dem Leben öffnen, hören wir – wie Maria und Maria Magdalena – gewiss auch Botschaften, die uns positiv überraschen: Eine noch sehr rüstige Mitbewohnerin im Haus bietet mir wie ´aus heiterem Himmel´ - an, mich gelegentlich zu begleiten, wenn ich in meinem Rollstuhl sitzend im Freien ein wenig frische Luft ´schnappen´ will. Und eine andere ´Botschaft´ sendet mir vielleicht mein Sohn. Er, der bisher immer viele Gründe fand, um mich nicht zu besuchen, fragt mich in letzter Zeit ernsthaft öfter danach, wie es mir geht, und ob er mir in meinem Zimmer nicht mal das Bild aus meiner Heimatstadt aufhängen solle.
 
Solche Erfahrungen werden wie bei den Frauen am Ostertag auch bei uns dazu führen, dass wir uns “auf den Weg machen“. Wir müssen deswegen nicht nach Jerusalem gehen. Es reicht schon, wenn wir hier im Haus davon erzählen, was uns mit Leben erfüllt, was uns Hoffnung schenkt.....  “Der Herr ist auferstanden“, und die Folge davon ist, dass wir Gefallen daran finden, die Tränen anderer zu trocknen und einem alten Griesgram ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.
 
Das Beste, was uns dann noch passieren kann, ist, dass wir wie die beiden Marias etwas ganz Wichtiges lernen: Wir werden lernen, an allem zu zweifeln, was uns Angst macht. Wir werden an der Macht der Einsamkeit zweifeln, wir werden an der Kraft des Unglücks zweifeln, wir werden an der Herrschaft der Boshaftigkeit zweifeln. Nur an einem werden wir nicht mehr zweifeln: am Leben, das mit Ostern neu beginnt.
 
Lied

„Jesus lebt, mit ihm auch ich“ (EG 115, 1+2+5)
 
Fürbitten
Lasst uns beten:
Du, unser Gott, auferweckt hast du Jesus Christus;
neues Leben ist entstanden, das keinem Verfall mehr ausgesetzt ist.
Wir bitten dich, lass an diesem Leben teilhaben alle,
denen Lebens- und Todesangst näher sind als die Kraft zu hoffen;
alle, die sich lieben, und alle, die sich nicht über den Weg trauen;
alle, die sich ihre Hoffnung auf einen weltweiten Frieden nicht nehmen lassen
und ihre Kraft dafür einsetzen, Liebe, Güte und Gerechtigkeit
zum Blühen zu verhelfen;
uns alle, dass unsere verkümmerten Gefühle und unsere trostlosen Gedanken
keine Macht mehr über uns haben. Amen.

Vater unser
 
Lied
„Auf, auf, mein Herz, mit Freuden“ (EG 112, 1-3)
 
Segen