Gottesdienste und Predigten - - Erstellt von Pfarrer Gerd W. Ziegler

Brot Gottes empfangen

Einen frischen Laib Brot habe ich mitgebracht. Wir haben ihn zuhause selbst gebacken. Einige Scheiben habe ich abgeschnitten und Stückchen abgebrochen.

Predigttext aus dem Evangelium nach Johannes, Kapitel 6, die Verse 30-35:
(anstelle einer Schriftlesung)

 

Da sprachen sie zu Jesus: Was tust du für ein Zeichen, damit wir sehen und dir glauben? Was für ein Werk tust du? Unsre Väter haben in der Wüste das Manna gegessen, wie geschrieben steht (Psalm 78,24): »Er gab ihnen Brot vom Himmel zu essen.«

Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Denn Gottes Brot ist das, das vom Himmel kommt und gibt der Welt das Leben. Da sprachen sie zu ihm: Herr, gib uns allezeit solches Brot. Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.

Predigt

Liebe Gemeinde!
Einen frischen Laib Brot habe ich mitgebracht. Wir haben ihn zuhause selbst gebacken. Einige Scheiben habe ich abgeschnitten und Stückchen abgebrochen. Wenn Sie mögen, dürfen Sie nachher davon probieren.Es riecht köstlich und schmeckt nach reifem Korn. Wir haben es im Römertopf gebacken. Darin gelingt uns das Brot besonders gut. Sein Teig besteht aus Weizenmehl, Dinkelschrot und einer geriebenen Kartoffel. Den Römertopf und einen Brotkorb, geflochten aus Stroh, habe ich auch mitgebracht.

Brot ist ein Grundnahrungsmittel. Vielleicht geht es Ihnen wie mir, wenn Sie allein das Wort Brot hören. Den frischen Laib Brot vor Augen oder seinen Duft in der Nase zu haben, regt meinen Appetit an. Mir kommt die große Vielfalt der Brotlaibe hierzulande in den Sinn. Weißbrot, Bauernbrot, Vollkornbrot: wir haben ein reichhaltiges Angebot zur Verfügung. Was ist Ihr Lieblingsbrot?

Brot – das war in früheren Zeiten noch weit mehr als heute das Grundnahrungsmittel schlechthin. Die antike Bevölkerung lebte mehrheitlich fast ausschließlich von Brot oder Körnerbrei, Wasser und Gemüse. Das musste für den ganzen Tag reichen und oft sogar für viele Tage. Brot hat jede Mahlzeit regiert. Bis heute erinnert daran der italienische Brauch, zum Gedeck sofort auch Brot auf den Tisch zu stellen. Brot wurde auch zum Wort für Nahrung, zum Symbol für die Speise. Es kennzeichnet unsere Lebensgrundlage. In der Antike waren Speisungen großer Menschenmengen üblich. Wir kennen das aus amerikanischen Großstädten. Dort stehen die Bedürftigen bis auf die Straße hinaus Schlange. Sie bekommen von der Heilsarmee einen Teller Suppe. Die Vesperkirche gibt es mittlerweile in etlichen Städten bei uns. Menschen mit wenig Geld können dort essen, Gemeinschaft haben und Zuwendung erfahren.

Schon früher veranlassten wohltätige, einflussreiche Bürger Brotstiftungen: Kostenloses Getreide oder Brot für die Armen und die Bedürftigen im Volk. Johannes berichtet, wie Jesus einmal auf wunderbareWeise 5000 Menschen satt gemacht hat. Wegen dieser Speisung will ihn die begeisterte Volksmenge gleich an Ort und Stelle zum König ausrufen. Aber Jesus flieht vor den aufgeregten Leuten. Er möchte nicht mit einem Politiker verwechselt werden, auch mit keinem noch so ehrenwerten. Doch sie suchen und finden ihn am nächsten Tag. Aber Jesus geht auf Konfrontation: Kommt ihr nur zu mir, weil ihr einmal satt geworden seid? Begreift ihr auch, worum es mir wirklich geht?

Die Gesprächspartner ahnen eine tiefere Bedeutung des Speisewunders. Sie scheinen zu merken, dass Jesus von sich selbst spricht. Zweifel und Skepsis regen sich bei ihnen: Wieweit können sie ihm trauen? Wirbt er um einen einflussreichen Posten im Land? Oder ist er wirklich der, auf den das Volk wartet und hofft? Darum fordern sie klare Beweise und fragen ihn: „Was tustdu für ein Zeichen, damit wir sehen und dir glauben?“ Als leuchtendes Vorbild halten sie ihm Mose vor die Nase.

Das war doch der herausragende Mann, der Israel durch die Wüste geführt hat. Dort haben die Vorfahren das Manna bekommen, wahres Brotvom Himmel. Die Leute wollen Jesus sagen: In dieser Art müsstest du auch etwas tun. Doch dagegen wehrt sich Jesus. Ihm liegt nicht daran, für einen zweiten Mose gehalten zu werden. Er will auch kein besonderer Prophet sein. Er möchte den Lebenshunger stillen, den Hunger, den wir alle in uns verspüren, den Hunger, der nicht allein mit frischem Brot und edlen Speisen gestillt wird.

Denken wir an unsere eigene Zeit. Unzählige Menschen in unserem Land haben ihren Hunger nach Leben zwar äußerlich, aber nicht innerlich stillen können. Bei so vielen bleibt der Hunger nach Leben, bleibt der Durst nach Sinn ungestillt. Alle Altersgruppen sind davon betroffen. Es betrifft Jugendliche, die in unserer modernen Freizeit- und Spaßkultur von einem Event zum nächsten jagen. Es betrifft hart arbeitende Manager, die Tag und Nacht an ihre berufliche Karriere denken. Sie opfern dafür vieles, was ihnen ein schöneres Leben bieten könnte. Es gilt auch für manche Ältere, die verbittert auf ihren

Lebensweg zurückblicken. Tiefe Unzufriedenheit nagtin der Seele beim Gedanken, was hätte anders laufen sollen. Betrüblich wie wahrscheint zu sein: Auf der einen Seite herrscht in vielen Teilen der Erde Armut und Mangel an Brot und Lebensmitteln. Menschen erleiden leiblich Hunger. Auf der anderen Seite grassiert – besonders in unseren Regionen - ein seelischer Hunger. Menschen wirken seelisch unterernährt.

Wenn Jesus vom Brot des Lebens spricht, hat er alldiese Dimensionen des Hungers vor Augen. Brot für die Welt einerseits und Brot für die Seele andererseits. Dazwischen steckt die Fülle der Bedürfnisse, die wir Menschen haben. Dazwischen steckt der Hunger und Durst nach Leben. Milde Gabenund materielle Dinge können diesen Grundhunger allein nicht stillen. Darum gibt Gott sein Brot vom Himmel her. Brot Gottes ist damals in der Wüste vom Himmel geregnet. Die Israeliten brauchten es nur aufzusammeln. Aber das war damals und es war für diese Israeliten auf ihrer Wanderung bestimmt.