Gottesdienste und Predigten - - Erstellt von Pfarrer Werner Ambacher

Barrierefrei zu Gott

Barrierefrei – so sagt man, wenn man als Mensch mit Behinderung irgendwo mühelos hinkommt, vor allem ohne Hindernisse.

Barrierefrei – so sagt man, wenn man als Mensch mit Behinderung irgendwo mühelos hinkommt, vor allem ohne Hindernisse. Hier im Haus können Sie auch im Rollstuhl, mit Rollator, an Krücken so ziemlich überall hinkommen oder hingebracht werden: Hierher in den Festsaal, auf Ihre Zimmer, zum Waschen und Duschen ins Bad, in den Park… Selbst wenn es immer wieder Stau gibt und Geduld angesagt ist – mit dem Fahrstuhl kommt man auch ins nächste Stockwerk. Schwieriger wird es, wo es nur Treppen, Tritte, Schwellen gibt. Da wird es selbst mit Begleitung, mit Hilfe zum Gewaltakt. Und da merke ich schnell: Unsere Welt ist nicht barrierefrei, von der Bereitschaft, Rücksicht zu nehmen, nach Ihren, nach unseren Bedürfnissen zu fragen, immer wieder ganz zu schweigen.


Barrierefrei war der Weg von Babylon nach Jerusalem damals auch nicht. Und wenn die Bibel von einem Weg durch die Wüste erzählt, dann muss ich mir das anders vorstellen als einen Spaziergang an einem Sandstrand. Da lagen nicht nur kleine Steine im Weg; da gibt es Felsen, Schluchten, Berge, Hochebenen, Flussbetten, die schnell mit Wasser volllaufen und Reisende das Leben kosten können. Nichts für Leute, die nicht so gut zu Fuß sind, anstrengend für Leute, die wieder nach Hause wollen, heim aus Gefangenschaft, nach Flucht und Vertreibung. Ebnet das alles ein! Damit Gott zu diesen Leuten kommen, ihnen entgegenkommen, sie abholen kommen, mit ihnen zusammen heimkommen kann. Da merken wir: Damit wäre damals jede Baukolonne überfordert gewesen. Das wäre nichts geworden, wo Gott es doch so eilig hat, wo auch die Leute schnell Trost und Hilfe brauchen. Wir sehen ja an so manchen Straßen und Tunnels im Gebirge, dass das Jahre braucht, ganz abgesehen, wie viel Geld das kostet. Nein, das ist nichts für Menschen. Diese Straße durch die Steppe braucht Gottes Mithilfe, da muss Gott selber ans Werk.


Barrierefrei ist die Welt bis heute nicht, ob es darum geht, zu Gott zu kommen oder als Menschen zueinander zu finden. Da ging und geht oft kein Weg an Priestern und Opfern vorbei. Da ist so manchen durch Leiden und Leid, aber auch durch manche Dinge, die wichtiger scheinen, der Weg zu Gott, die Sicht auf ihn verbaut. Da redet man davon, dass jemand sich durch sein eigenes Benehmen alles verbaut, schließlich allein da steht. Da wird aber auch so manchem, der einmal etwas falsch gemacht, sich daneben benommen hat, der Weg verbaut, sich zu ändern, sich wieder einzufügen – keine Chance mehr.
Hier ruft uns Gott nicht nur zu: Weg mit diesen Stolperfallen, Schwellen und Hindernissen!

Er baut selbst mit ab, ja, hat dabei und damit selbst wohl die meiste und härteste Arbeit. Und vor allem kommt er so zu uns, uns so entgegen, dass es keine Hindernisse und Barrieren mehr für uns gibt, ihn in Empfang zu nehmen. Wenn die Bibel erzählt, dass Gottes Sohn als Kind in der Krippe geboren ist, dann haben es so einfache Leute wie die Hirten leicht, zu ihm zu kommen. Wäre er im Haus des Hohenpriesters oder im Königspalast geboren, hätten wohl nicht nur viele Wachposten, das Benehmen am Hofe, die nicht unbedingt besonders gute Meinung der Leute über sie sie davon abgehalten, dorthin zu gehen; ich könnte mir gut vorstellen, dass sie selber wohl noch mehr Hemmungen gehabt hätten: Gehöre ich da wirklich hin? Bin ich, sind wir bei dieser Geburtstagsfeier wirklich die Richtigen – bei all den vornehmen und wohlerzogenen Leuten?

Weil Jesus so barrierefrei, unscheinbar, als einfacher Mensch kommt, uns entgegenkommt, uns abholen, uns mit nach Hause holen kommt, sind wir bei ihm genau richtig, ohne Grund zu Hemmungen, ohne Grund, uns zu schämen – nicht nur, weil er keinerlei Berührungsängste hatte, wie krank, wie ansteckend, wie behindert jemand auch sein mag, was auch immer er in seinem Leben schon verkehrt gemacht, wo auch immer er oder sie sich schon hat mit hineinziehen lassen, wann und wie oft Gott in seinem oder ihrem Leben im Mittelpunkt gestanden hat, die schönste Nebensache der Welt, ganz fremd oder Fremdkörper war; nein, weil er selber bis zum Äußersten auch mitgelitten, Angst ertragen, Gemeinheit erfahren, den Abgrund des Sterbens und des Todes kennengelernt hat.

Hören wir also „Bereitet dem Herrn den Weg“, wie wir es auch am Anfang gesungen haben, nicht nur so, dass es allein an uns liegt, alles in der Welt und in uns zwischen Gott und den Mitmenschen wieder in Ordnung zu bringen, Hindernisse wegzuräumen, barrierefrei zu machen! Da hätten wir mehr Stress als beim Besorgen von Weihnachtsgeschenken. Hören wir es so: Gott macht mit! Gott hat das meiste dabei zu tun, und er lässt es sich etwas kosten! Er gibt seinen Sohn, angefangen in der Krippe von Bethlehem. Und er lässt sich gern bitten, auch in und zwischen uns Barrieren wegzuräumen. So, nur so, macht es auch wirklich Freude nachher zu singen: „Tochter Zion, freue dich!“ und „O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit!“               

AMEN.