Gottesdienste und Predigten - - Erstellt von Diakon Rainer Groeschel

Heute hier, morgen dort

Wort zum Tag:
Fürchte dich nicht, (Zion). Lass deine Hände nicht sinken. Denn der Herr dein Gott ist bei dir, ein starker Heiland. (Zefanja 3,16-17)

Gruß/Begrüßung
Sie haben in den letzten 12 Monaten sich von jemand endgültig verab-schieden müssen. Der Tod ist in Ihr Leben, Ihre Familie eingebrochen. Bei manchen von Ihnen ist der Schmerz noch groß, fast übermächtig. Bei anderen liegt die unmittelbare Trauer schon länger zurück. Wir wollen gemeinsam in diesem Gottesdienst nicht den Tod feiern sondern das Leben. Denn Gott ist ein Gott der Lebenden, der uns Hoffnung schenkt auch in der Trauer. Er nimmt dem Tod den Schrecken und will jedem und jeder unter uns einen neuen Weg in die Zukunft öffnen. Er segne unseren Gottesdienst. Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Lied: Ausgang und Eingang 175

Psalm 39
Herr, lehre doch mich, dass es ein Ende mit mir haben muss,
und mein Leben ein Ziel hat und ich davon muss.
Siehe, meine Tage sind eine Handbreit bei dir,
und mein Leben ist wie nichts vor dir.
Wie gar nichts sind alle Menschen,
die doch so sicher leben!
Sie gehen daher wie ein Schatten
und machen sich viel vergebliche Unruhe;
sie sammeln und wissen nicht, wer es einbringen wird.
Nun, Herr, wessen soll ich mich trösten?
Ich hoffe auf dich.
Höre mein Gebet, Herr, und vernimm mein Schreien
und schweige nicht über meinen Tränen;
denn ich bin ein Gast bei dir,
ein Fremdling wie alle meine Väter.
Lass ab von mir, dass ich mich erquicke,
ehe denn ich hinfahre und nicht mehr bin. Amen.
(Ehr sei dem Vater)

Lied: Was Gott tut, das ist wohlgetan 372, 1+2+6

Verlesen der Namen, der im Haus verstorbenen Menschen
Wir wollen still werden und erinnern uns nun an die … Menschen, die in diesem Kirchenjahr in den letzten zwölf Monaten hier aus dem Haus verstorben sind. Wir rufen uns ihre Gesichter, ihre Lebensgeschichte und die Begegnungen mit ihnen ins Gedächtnis. Für jeden unserer Verstorbenen haben wir bereits eine Kerze mit Namen angezündet. Sie dürfen die Kerze Ihres Angehörigen nachher gerne mit nach Hause nehmen. Wir verlesen nun die Namen und singen dazwischen immer wieder „Ausgang und Eingang“, was wir bereits zu Beginn gesungen haben.

Jesus Christus spricht: Ich bin das Licht der Welt. In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.
Darauf vertrauen wir und hoffen wir – für unsere Verstorbenen und für unser eigenes Leben. Amen.
Wir denken an … (MitarbeiterInnen der Wohnbereiche verlesen die jeweiligen Namen, nach jedem Wohnbereich wird gesungen )
Ausgang und Eingang …
Wir denken an die Menschen, die wir verloren haben, die uns im Leben fehlen und deren Namen nicht genannt wurden. Wir kennen ihre Namen. Wir haben Erinnerungen: schwere und schöne, die uns über den Tod hinaus verbinden.
Für sie brennt diese Kerze.     (anzünden)
Ausgang und Eingang …
Wir denken an die Menschen, deren Namen wir nicht kennen und die ihr Leben verloren haben durch Krieg und Gewalt, durch Hunger und Naturkatastrophen.

Für sie brennt diese Kerze.     (anzünden)

Ausgang und Eingang …

Liebe Angehörige, liebe BewohnerInnen, liebe MitarbeiterInnen,
unser Kantor/unsere Kantorin (Namen nennen) bei dem/der ich mich herzlich bedanke, dass er/sie uns in diesem Gottesdienst musikalisch begleitet, wird uns nun die Melodie eines amerikanischen Liedes spielen, die viele von uns  gut kennen.  … Haben Sie es erkannt? … Der Liedermacher und Sänger HannesWader hat in den 70er Jahren den deutschen Text dazu geschrieben:

Heute hier, morgen dort,
bin kaum da, muss ich fort,
hab' mich niemals deswegen beklagt.
Hab es selbst so gewählt,
nie die Jahre gezählt,
nie nach gestern und morgen gefragt.

Was Wader beschreibt haben manche von uns auch so erlebt. Das Un-terwegssein an verschiedenen Orten, Umzüge, aufgedrängte aber auch selbstbestimmte, und ein Stückweit Heimatlosigkeit. Wir sind fraglos älter geworden, alt geworden, grau und zum Teil auch müde und des Lebens satt. Die Aneinanderreihung der vielen Lebensjahre ist uns erst im Nachhinein bewusst geworden, meist dann, wenn ein Jubiläum seinen Jahresring um uns legte. Wir haben ja vieles selbst gewählt und manche Entscheidung getroffen, ohne groß nachzufragen und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen.

Manchmal träume ich schwer
und dann denk ich,
es wär Zeit zu bleiben und nun
was ganz andres zu tun.

Mit diesen Worten lässt Wader uns spüren, dass da doch nicht „Alles im Lot“  ist und manches in Träumen versucht wird zu verarbeiten. Aus diesen Zeilen spricht die immer wieder kehrende Lebensfrage, ob nicht was ganz anderes dran wäre zu tun, Neues zu entdecken, anders zu leben. Zeit zum Bleiben ist sein Wunsch – wie oft höre ich hier im Haus den Satz: „Ach bleiben Sie doch noch ein bisschen.“ - Zeit haben und sich nehmen ist etwas ganz Wichtiges in der Unrast und Unruhe unserer Zeit. Jemandem Zeit zu schenken ist eines der schönsten und kostbarsten Geschenke. (nochmals Melodie: Heute hier …)

So vergeht Jahr um Jahr
und es ist mir längst klar,
dass nichts bleibt,
dass nichts bleibt, wie es war.

wissen wir ja alle: Die Welt verändert sich von Tag zu Tag. Wie mühselig war es im vorletzten Jahrhundert einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen. Wie einfach ist das heute vielerorts mit computergesteuerten Maschinen. Wie viele technische Hilfsmittel gibt es heute im Haushalt, die das Leben vereinfachen. Ich erinnere mich noch daran, dass ich als Kind die schweren Teppiche im frischen Schnee ausklopfen musste. Die Älteren kennen noch die Schellackschallplatten. Hannes Waders Lied erschien 1972 auf einer Langspielplatte, dann kam irgendwann die CD und die DVD. Und das aktuelle BluRay-System ist in ein paar Jahren auch nicht mehr aktuell. Anscheinend hat nichts Bestand, oder? Dazu werde ich nachher noch was sagen. Hannes Wader singt weiter:

Dass man mich kaum vermisst,
schon nach Tagen vergisst,
wenn ich längst wieder anderswo bin,
stört und kümmert mich nicht.
Vielleicht bleibt mein Gesicht
doch dem ein oder anderen im Sinn.


Es ist wirklich schade, wenn man so schnell an einem Ort, wo man gelebt hat, vergessen wird. Wie viel gute Begegnungen verblassen da und werden vergessen. Wie viel Mühe hat es vielleicht gekostet, dort zu sein, zu leben, zu arbeiten – und dann soll es im Meer des Vergessens verschwinden? Wenn Hannes Wader irgendwo einen Auftritt hat(te), dann will er doch auch nicht, dass das Publikum das schnell vergisst. Aber das hat er wohl selbst gemerkt, denn er hofft ja, dass der eine oder andere sich doch an ihn erinnert. Bei Gott ist das anders, er erinnert sich unser: „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein!“ – so wird es ja manchen Kindern bei der Taufe zugesprochen. Haben Sie diesen Bibelvers auch schon gehört und für sich in Anspruch genommen? Gott war und ist dabei gewesen an den vielen Lebensorten, an denen wir unsere Spuren hinterlassen haben. Er weiß, was wir erlebt und erlitten haben, aber es ist nicht vergessen oder gar aus dem Sinn.

Fragt mich einer, warum
ich so bin, bleib ich stumm,
denn die Antwort darauf fällt mir schwer.
Denn was neu ist, wird alt
und was gestern noch galt,
stimmt schon heut oder morgen nicht mehr.


Tja, das ist eine schwere Frage: Warum bin ich so (geworden)? Ist es mir in die Wiege gelegt worden? War die Erziehung dran schuld? Hat mich das soziale Umfeld geprägt? … Bringt es überhaupt etwas, die Antwort zu kennen? Könnte es nicht sein, dass ich einfach Gottes geliebtes Kind bin, original und ganz einfach anders als die Anderen. Ein Mensch mit Fehlern und Vorzügen, mit Begabungen und Schwächen, ein Mensch mit seiner eigenen Geschichte, mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Wir sind heute hier beieinander, weil wir uns an die Menschen erinnern wollen, die in den letzten zwölf Monaten seit dem letzten Gedenkgottesdienst aus unserem Haus verstorben sind. Mancher Abschied ist noch gar nicht lange her und es kommt uns so unwirklich vor, dass ihr oder sein Platz nun von anderen besetzt ist und dass in dem Bett jemand anderes liegt. Vielleicht hat sich über den Verlust des geliebten Menschen auch schon ein bisschen der Schleier der Normalität gelegt und es tut nicht mehr so weh. Und die Trauer ist leichter auszuhalten. Und mit diesem Gottesdienst sagen wir leicht abgewandelt mit Hannes Waders Worten:
Und so bleibt sein/ihr Gesicht - immer weiter in unserem Sinn.
(nochmals Melodie: Heute hier …)

Als Christ glaube ich, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Als Christ, vertraue ich darauf, dass mit dem Tod nicht alles endet und aus dem Sinn ist. Unser unstetes irdisches Leben „heute hier, morgen dort“ gleicht einem Provisorium, einer Hütte, einem Zelt (je nachdem, wie es in manchen Übersetzungen steht). Das Leben auf Erden ist eben nicht mehr als eine Behausung. So schreibt der Apostel Paulus an die Korinther (2.Kor. 5,1):

Denn wir wissen: Wenn dieses irdische Zelt, in dem wir leben, einmal abgerissen wird - wenn wir sterben und diesen Körper verlassen -, werden wir ein ewiges Haus im Himmel haben, einen neuen Körper, der von Gott kommt und nicht von Menschen. Deshalb sehnen wir uns danach, diesen vergänglichen Körper zu verlassen, und freuen uns auf den Tag, an dem wir unseren himmlischen Körper anziehen dürfen wie ein neues Gewand. …
In unserem sterblichen Körper seufzen wir, denn wir möchten lieber gleich unseren neuen Körper anlegen und vom vergänglichen in das ewige Leben überwechseln.

Hier haben wir eine Behausung mit manchen Unzulänglichkeiten und Kompromissen – und  auch unser Körper ist ja nur eine (sterbliche) Hülle, dort bei Gott aber ist ein Platz im Ewigen Haus, dort wartet Gott auf uns. Das hat Bestand mein lieber Hannes Wader. Das galt gestern, als Paulus dies schriftlich festhielt, und das gilt auch heute noch und auch morgen bleibt diese alte Botschaft des Evangeliums aktuell. Und so schreibt Paulus weiter:

Deshalb bleiben wir zuversichtlich, obwohl wir wissen, dass wir nicht daheim beim Herrn sind, solange wir noch in diesem Körper leben. Denn wir leben im Glauben und nicht im Schauen.
Richtig daheim bin ich als Mensch erst bei Gott. Das ist die Kernaussage. Da bin ich dann beständig zuhause, da muss ich dann nicht mehr meine Siebensachen packen und auf Wanderschaft gehen. Darauf will ich mich als Glaubender verlassen, davon darf ich träumen und davon kann ich zehren, auch wenn ich es nicht beweisen kann, weil ich es nicht schaue, (noch) nicht sehe.
Ich glaube, dass es dort ein Wiedersehen geben wird mit all den Menschen, mit denen wir im Leben unterwegs waren. Dass unsere Trennung nicht auf ewig ist sondern auf eine kleine Weile. All dies glauben und hoffen wir für die Menschen, die wir hier im Haus vergangenes Jahr verloren haben, für all die Menschen, die wir begraben mussten und deren Weggang uns noch immer schmerzt. Amen.

Lied: Vertraut den neuen Wegen 395,1-3
(während des Singens  werden die Kerzen mit den Namen der Verstorbenen gelöscht)

Fürbitte:
Gott, du bringst das Licht in die Dunkelheit, du wirst die Tränen abwischen und das Leben neu machen, in diesem Vertrauen kommen wir mit unseren Bitten zu dir:

Wir bitten dich für alle, die um einen Menschen trauern, der ihnen lieb und wert war, den sie begleitet haben zu Hause und hier in unserem Pflegezentrum.

Sei du bei allen, die an den Gräbern stehen - weinend oder stumm. Nimm sie unter deine Flügel und schenke, dass sie hoffen können – für die Verstorbenen und für sich.

Wir bitten dich für alle, die krank sind und unter Schmerzen leiden, für die, die den Tod vor Augen haben und für die, die nicht sterben können. Erfülle sie mit deiner Nähe, dass sie erfahren, dass sie im Leben und im Sterben von dir gehalten sind.

Wir bitten dich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Hauses, die Menschen im Leben und im Sterben begleiten. Schenke ihnen Orte des Lichtes, an denen sie aufatmen können und erfüllt werden mit Wärme und Hoffnung.

Wenn wir jetzt hinausgehen ins Leben, in dem der Tod seine Spuren hinterlassen hat und hinterlässt, dann halte den Glauben in uns wach, dass bei dir der Tod nicht mehr sein wird und alles Leben in deinen Händen geborgen ist und wir bei dir Zuflucht finden.

Was uns sonst noch bewegt und auf dem Herzen liegt, das bringen wir jetzt vor dich, wenn wir gemeinsam mit den Worten Jesu beten:

Vater unser im Himmel

Abkündigungen

  • Bitte die Kerze mit dem Namen Ihres verstorbenen Angehörigen mitnehmen
  • Wir haben was vorbereitet – Einladung zum Gespräch
  • Danke an mitwirkende MitarbeiterInnen

Lied: Segne uns o Herr 564
Segen
Gott segne deine Augen,
dass du weinen kannst
und nicht in der Kälte deiner Trauer erstarrst.

Gott segne deine Begegnungen,
damit du Menschen findest,
die dir geduldig und verstehend zuhören.

Gott segne deinen Mund
damit du Worte findest
für deine Trauer
und deinen Schmerz.

Gott segne deine Schritte,
dass du einen Weg findest in dein neues Leben.

Gott segne dein Herz,
dass deine Erinnerung wie ein Nest wird,
in dem du dich bergen kannst.
Gott segne dich damit,
dass dein Glaube nicht zerbricht
und deine Hoffnung wächst,
denn er sieht und hört,
tröstet und befreit unseren Tod
zu neuem Leben.
Amen.

(Segen entdeckt auf der Homepage der Ev. Kirche Bad Lippspringe)

Dreifaches Amen
Nachspiel